„Man sollte immer einen Plan B haben!“

Die Junglilien Louis Münn, Jannis Schulz und Cedrik Stern leben gemeinsam im Lilien-Fußball-Internat.

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© Klaus Mai

In den vergangenen Jahren hat sich der SV Darmstadt 98 in vielen Bereichen professionalisiert. Das gilt auch für den Nachwuchsbereich, für den, neben dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ), nun auch ein Internat für junge Spieler eingerichtet wurde.

FRIZZmag: Louis, Du bist aus Gießen und führst seit Juli 2017 als Kapitän die U17-Mannschaft. Wie bist Du zu den Lilien gekommen?

Louis: Ich bin über meinen früheren Trainer Niklas Patzel, der auch für Darmstadt tä- tig war, zum Probetraining des SVD gekommen und hatte dort ein sehr gutes Gespräch mit meinem jetzigen Trainer Jens Krinke. Ins Internat bin ich dann, weil mein Freund Joshua, der ebenfalls aus Gießen kommt, auch zu den Lilien gewechselt ist und nicht so gerne alleine ins Internat wollte (lacht).

Du bist der Senior hier im Internat, Cedrik. Bereits in der Hinrunde durftest Du aufgrund der Verletzung von Stammtorwart Heuer Fernandes acht Wochen lang mit der ersten Mannschaft mittrainieren. Wie war das für Dich?

Cedrik: Am Anfang war das nicht ohne und eine ziemliche Umstellung, aber mit der Zeit bin ich da ganz gut reingekommen. Man kann sich da auch sehr schnell dran gewöhnen (grinst).

Jannis, Du bist aus Schwerin im Sommer zu den Lilien gekommen und spielst als Stürmer in der U17. Fünf bis sechs Mal Training die Woche auf dem Platz, zwei bis drei Athletikeinheiten, dazu Schule und die Fahrerei. Das ist sicher eine Packung, oder?

Jannis: Ja, schon. Aber ich mag Herausforderungen und es war deshalb klar, dass ich das unbedingt angehen möchte. Dieses Pensum war aber auch nicht ungewohnt. Ich war ja auch in Schwerin auf einem Fuß- ball-Internat und konnte die Abläufe schon ganz gut kennenlernen. Allerdings war das dort nicht ganz so gut organisiert wie hier.

Das Lilien-Internat mag so gar nicht zu den strengen Vorstellungen passen, die man von Internaten mitunter hat: der schöne Altbau mit seinen großen Zimmern und die gemütliche Gemeinschaftsküche haben mehr etwas von einer WG. Wie lebt ihr hier zusammen?

Jannis: Wir machen ziemlich viel gemeinsam. Nach dem Aufstehen frühstücken wir in der Regel noch zusammen und gehen dann alle in die Schule. Die meisten von uns sind auf der Stadtteilschule in Arheilgen. Um 13 Uhr haben wir Schluss und dann geht’s ins Training. Manchmal dann auch abends nochmal. Ansonsten sind wir am Abend zuhause und lernen, spielen Playstation oder kochen zusammen. Wir haben alle ein Kochbuch geschenkt bekommen und hatten einen Kochkurs, das bekommen wir also ganz gut hin.

Ist Heimweh ein Thema?

Louis: Nö, das geht. Ich fahre ja jedes Wochenende nachhause und sehe meine Freunde und meine Eltern dann ja.

Jannis: Im Großen und Ganzen nicht. Wir können eigentlich alle ganz gut miteinander und man hat hier auch immer Leute, mit denen man sich austauschen und was unternehmen kann. Aber natürlich freue ich mich immer, wenn’s wieder mal nachhause geht und ich meine Freunde und meine Familie wiedersehen kann.

Das Internat ist räumlich klar vom NLZ getrennt. Eine gute Entscheidung?

Louis: Ja, auf jeden Fall. Die Lage ist perfekt! Das NLZ ist ja nicht weit weg und man ist auch nah an der Innenstadt. Und man kann hier auch mal gut abschalten.

Der frühere Lilienspieler Flo Jungwirth erklärte mal, dass es für einen Jugendlichen extrem schwer sein kann, zu akzeptieren, dass man alles dem Sport unterordnen muss. Man hat einen Fulltime-Tag mit Trainieren, Schule, Lernen und am Wochenende steht man fast immer auf dem Platz. Nervt das nicht auch manchmal?

Louis: Klar, wenn Freunde Party machen oder wegfahren und man dann wegen irgendwelcher Fußball-Termine nicht kann, dann ist das manchmal schon blöd. Aber das gehört dazu. Immer alles geben und dranbleiben ist halt wichtiger als Feiern.

Jannis: Das ist bei mir ähnlich. Gerade in der Ferienzeit würde man manches auch mal gerne anders planen. Man hat aber auch soviel Zeit und Energie in das Ganze gesteckt, dass man auf keinen Fall aufgeben möchte und natürlich weitermacht. Auch wenn die anderen ihre Ferien genießen.

Das ganzheitliche Ausbildungskonzept des SVD umfasst auch die Persönlichkeitsbildung. Welchen Anteil haben die Psyche und der Charakter für das Weiterkommen als Profi? Und in wie weit trägt der Alltag im Internat dazu bei, Teamgeist und Selbstdisziplin zu entwickeln?

Louis: Einen ziemlich großen. Man muss immer an sich glauben. Sonst kommt man nicht weiter. Dafür muss man auch von der Psyche her fit sein, finde ich.

Jannis: Gerade auf unser späteres Leben bereitet uns die Zeit hier ziemlich gut vor. Man lernt, selbstständig zu sein und seinen Alltag gut zu strukturieren. Ich finde das alles sehr wichtig. Und zwar nicht nur für den Fußball.

Euer Sprung ins Profifach ist womöglich nicht mehr allzufern, andererseits stehen wichtige Prüfungen wie das Abi bevor. Wie managt ihr diese Doppelbelastung? Das Internat arbeitet ja mit Partnerschulen zusammen. Wie unterstützen sie euch, die Balance zwischen Schule und Leistungsport zu halten?

Louis: Das ist sehr gut gemanagt. Zum Beispiel dürfen wir mittwochs immer schon früher aus dem Unterricht, damit wir in der Schule noch was essen können, weil wir am Nachmittag um zwei wieder Training haben. Auch ansonsten bekomme ich die ganzen schulischen Sachen schon gut unter. Ich bin halt abends und sonst in der freien Zeit viel am Lernen, weil ich die Schule natürlich nicht verbocken möchte.

Nur fünf bis zehn Prozent der Spieler im Nachwuchs der Bundesligamannschaften schaffen den Sprung in eine der ersten vier Ligen, meinte Euer Internatsleiter Gösta Kiefer unlängst. Wie gut seid ihr auf einen Plan B vorbereitet?

Jannis: Man sollte immer einen Plan B haben. Verletzungen können einem zum Beispiel einen ziemlichen Strich durch die Rechnung machen. Deswegen finde ich es wichtig, unbedingt auch auf die Schule zu setzen, damit man im späteren Leben noch etwas in der Hand hat und sich nicht mit einem Hauptschulabschluss oder gar nichts umschauen muss. Aber natürlich hofft man immer, dass Plan A funktioniert (lacht).

Cedric, Du liest gerade Manuel Neuers Biografie. Hast Du noch etwas lernen können, was Dir im NLZ und im Internat nicht bereits vermittelt wurde?

Cedrik: Ja, die liegt noch bei mir auf dem Nachttisch. Ich bin noch dran. Interessant finde ich, dass auch Manuel Neuer immer wieder Rückschläge verkraften musste. Er stand ja bei Schalke damals kurz vorm Rauswurf. Was ich auf jeden Fall daraus mitnehme, ist, dass man eben nicht aufhören soll, weiterzumachen.

Vielen Dank für das Gespräch.

lilien.info

Im Juli 2017 wurde das Merck Lilien-Fußball-Internat in Innenstadtlage eröffnet und bietet nun bis zu zehn jungen Spielern aus ganz Deutschland eine optimale Unterbringung, um sich auf die sportliche und schulische Ausbildung fokussieren zu können. Vor Kurzem erzielte das MerckLilien-Fußball-Internat im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens der DFL unter allen Internaten der deutschen Profivereine ein sehr gutes Ergebnis und wurde hierfür ausgezeichnet.

Fr., 2.3., 18:30 Uhr, Dynamo Dresden - SV 98

Sa., 10.3., 13 Uhr, SV 98 - FC Ingolstadt 04

So., 18.3., 13:30 Uhr, 1. FC Nürnberg - SV 98

Mehr Infos unter:

www.sv98.de

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