Öko-Festival – noch grün hinter den Ohren?

Kolumne Mai 2017

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© Jack Cheeseborough

Wer auf ein Festival fährt, der packt den Bus voll mit Campingausrüstung, Bier und Fertigfutter. Los geht die Reise in ein Wochenende voller Enthemmung – besonders nachhaltig ist das nicht. Immer mehr Festivals setzen auf die Anreise mit dem Zug, Ökocamping oder wasserfreie Toiletten. Taugt das was?

Grundsätzlich gibt es auf den meisten Festivals zwei große Umweltsünden: durch das Anreisen mit dem PKW werden einige Tonnen Kohlenstoffdioxid in die Umwelt gepumpt, außerdem lassen Camper und Besucher bergweise Müll zurück. Verpackungen, kaputte Zelte oder defekte Gaskocher – wer will die schon mit nach Hause nehmen?

Für das Anreiseproblem haben sich einige Veranstalter schon lange etwas überlegt. Das Festivalbändchen gilt gleichzeitig als Fahrkarte für die Bahn, allerdings mit einigen Einschränkungen. Fahren darf man meist nur im Regionalverkehr in der 2. Klasse, die Reise mit ICE/IC ist untersagt. Klar, welcher geschniegelte Bussinessmensch will schon mit ungeduschten, stinkenden Festivalgängern das Abteil teilen. Der größte Minuspunkt an der Anreise mit der Bahn ist allerdings das viele Gepäck. Um auf einem Festival einigermaßen menschenwürdig zu gastieren, benötigt es einen halben Hausrat: Pavillon, Campingstühle, und so weiter… das alles mit dem öffentlichen Nahverkehr, womöglich noch mit mehrmaligem Umsteigen zu transportieren, gleicht einer Sisyphosaufgabe, obgleich es wohl einigen Workouts im Fitnessstudio entspricht.

Und der Müll? Nun, dem wird mit sogenannten grünen Campingzonen an den Kragen gerückt. Einer exklusiven Campingzone für umweltbewusste und rücksichtsvolle Festivalbesucher. Ruhiger soll es hier sein, außerdem müllfrei und insgesamt nachhaltiger. Gegenseitiger Respekt wird außerdem großgeschrieben. Sprich: all das, was auf dem „normalen Campingplatz“ nervt, ist man hier los. Anstelle von blauen Toilettencontainern stehen hier oft wasserfreie Kompostklos. Die sind zunächst gewöhnungsbedürftig, doch nach kurzer Zeit ist auch der Klogang ohne Wasser ganz normal. Das alles sorgt für Entspannung, klingt aber auch ziemlich langweilig. Irgendwie gehört es ja auch dazu, drei Tage im Müll zu leben, schlecht zu schlafen und Raviolidosen improvisiert auf dem Campingkocher zu erwärmen.

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