Vom Blatt zum Blatt

Die Folgen der Papierherstellung und was wir dagegen machen können.

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Mein Blick schweift aus dem Fenster und bleibt an dem großen Kastanienbaum hängen. Seine Blätter färben sich bereits rot und gelb, eines segelt zu Boden. Auch vor mir liegt ein Blatt, vollgekritzelt. Ich knülle es zusammen und werfe es in den Mülleimer. Ein Blatt, das einst Teil eines Baumes war, wie das Kastanienblatt, das zu Boden segelte. Weltweit wird beinahe jeder zweite industriell gefällte Baum zu Papier verarbeitet. 

Besonders dünne und schnellwachsende Bäume werden für die Papierherstellung bevorzugt, diese Monokulturen sind günstig in Anschaffung und Unterhalt und liefern vergleichsweise viel Ertrag. Die Bäume werden gerodet, entrindet und zu Sägespänen zerkleinert. Diese Fasern werden nun in schwefliger Flüssigkeit gekocht, bis ein dickflüssiger Brei entsteht. Unter Anwendung verschiedener Chemikalien wird dieser Brei gebleicht, bevor er, heutzutage ausschließlich maschinell, zu langen Bahnen gepresst und getrocknet wird. Früher wurde für das Bleichen von Papier hochgiftiges, umweltschädliches Chlorgas genutzt, mittlerweile greift man auf das weniger gefährliche Wasserstoffperoxid in Kombination mit Sauerstoff zurück. Umweltfreundlich ist die Papierherstellung dadurch allerdings nicht unbedingt, laut Greenpeace weltweit werden pro Stunde 500 Fußball- felder Waldfläche allein für die Papierherstellung gerodet. Auch Regenwald. Die Auswirkungen sind enorm, die Arten-

vielfalt mehr als nur bedroht. 

Und Deutschland ist nicht unschuldig an diesem Phänomen. Denn Deutschland ist eine Nation, die besonders viel Papier verbraucht. Pro Kopf kommt der Durchschnittsdeutsche auf 250 kg verbrauchtes Papier pro Jahr. Zum Vergleich: Der weltweite Durchschnitt liegt bei 52 kg pro Kopf und Jahr. Damit verbraucht ein Durchschnittdeutscher knapp fünf Mal mehr. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung verbrauchen wir 20 Millionen Tonnen Papier pro Jahr. Dieser Jahresbedarf an Papier würde einen 600 Kilometer langen Güterzug mit 40.000 Waggons füllen. Ein Turm aus DIN A4-Blättern wäre 16.000 Kilometer hoch. 

Abhilfe für dieses Problem ist gar nicht so schwer. Die Lösung lautet: Papierverbrauch reduzieren und Recyclingpapier nutzen. Ein Neugeborenes verbraucht in seinem ersten Lebensjahr so viel Papier, wie ein Inder in seinen ersten 50. Recyclingpapier wird aus Altpapier hergestellt. Für Recyclingpapier müssen also keine neuen Bäume gefällt werden, außerdem ist für die Herstellung deutlich weniger Energie notwendig, auch die Abwasserbelastung ist geringer. Ein Blatt Papier kann bis zu 10 dieser Recyclingzyklen mitmachen, bevor die Fasern endgültig verbraucht sind. In Deutschland wird Papier im Schnitt allerdings bloß zwei bis drei Mal wiederverwertet. Die umweltfreundlichere Blattvariante ist verpönt als grau und rau, doch auch Recyclingpapier kann glatt und weiß sein.

Das nächste Blatt, das nehme ich mir vor, wird nicht sinnlos vollgekritzelt im Mülleimer landen.

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