„Ich lasse mir vom Testosteronhaushalt der Welt nicht die Laune verderben!“

Florian Sievers über sein Soloprojekt „Das Paradies“

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©msensche high


Mit seiner Band „Talking to Turtles“ spielte sich Florian Sievers bereits in die Herzen zahlreicher Musikfans.Unter dem Namen „Das Paradies“ hat er nun sein erstes -deutschsprachiges- Soloalbum veröffentlicht, das er dieses Jahr live auf dem „SGF“ präsentiert.



FRIZZmag: Florian, dein Soloprojekt hast du „Das Paradies“ getauft, dein bald erscheinendes Debütalbum trägt den Titel „Goldene Zukunft“. Klingt sehr nach Heilsversprechen. Nach dem Motto: „Wer diese Platte kauft, den erwartet Glückseligkeit.“ Was hat es mit Bandnamen undAlbumtitel auf sich?

Florian Sievers: Ich musste da zunächst ziemlich lange überlegen. Klar war auf jeden Fall, dass das Projekt nicht unter meinem bürgerlichen Namen laufen soll. Der Name kam mir schließlich in den Sinn, als ich am Eröffnungssong des Albums schrieb. Das heißt es gleich am Anfang: „Ich bin das Schlimmste, was euch passieren kann.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Song und der Künstlername ganz gut zusammen schwingen. Auch wenn das Wort „Paradies“ erst einmal positive Assoziationen weckt, lauert in dem Begriff auch einiges, was ihm der positiven Konnotation die Kraft nimmt. Das Paradies ist beispielsweise ja bei aller Herrlichkeit auch immer ein eingezäunter Raum. Diese Gegensätze finde ich ganz spannend. 

Für das Paradies hast du erstmals in deiner Muttersprache verfasst. Die Songs klingen allerdings so, als hättest Du das noch nie anders gemacht. Warum hast du erst so spät angefangen, deutschsprachige Songs zu schreiben?

Das hatte keinen bestimmten Grund und kam eher zufällig. „Talking to Turtles“, die Band in der mich gemeinsam mit meiner Frau Claudia spiele, hatte eine Pause eingelegt und ich habe für mich im Studio an neuer Musik gearbeitet und hierbei mit verschiedenen deutschsprachigen Textfetzen herumprobiert. Das war aber eher spielerisch und folgte keinem Plan. Dass das dann nach und nach komplette Songs uns schließlich ein ganzes Album auf Deutsch wurde, hat sich nach und nach einfach ergeben, weil es sich gut angefühlt und großen Spaß gebracht hat. Und darum geht es im Kern ja auch beim Musikmachen.

Begleitet von luftig-leichtem Indiepop schließt das Album mit den nachdenklichen Zeilen: „Das Universum weiß es auch nicht, wie ihm gerade so ist. Was wie ein Ja aussieht, könnte auch ein Nein sein. Das mit uns allen war doch gar nicht so ernst gemeint.“ Das hat was von einem trojanischen Pferd: Entspannte, lässige Songs irgendwo zwischen Indierock, Reggae-, Dub- und House, die nachdenklich, mitunter gar zynisch rüberkommen. War das deine Absicht? Erreicht man so die Leute?

Nein, beim Schreiben der Lieder folge ich da keinem Kalkül. Da entscheidet, wie bei vielen anderen kreativen Prozessen auch, oft einfach das Bauchgefühl, was man mag oder eben nicht mag. Und das, was man nicht mag, siebt man aus und hofft, dass genug Tolles übrigbleibt (lacht). Dieses Bauchgefühl ändert sich auch immer wieder und das ist auch gut, denn so bleiben die Dinge in Bewegung und spannend. Vielleicht hätte ich so das Lied, von dem du gerade gesprochen hast, in drei Monate ganz anders geschrieben. 

Bei aller Nachdenklichkeit schwingt in deinen Liedern stets auch eine gutePortion Optimismus mit. Würdest du dich selbst als optimistischenMenschen bezeichnen?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Wenn die Leute aus meinen Songs Optimismus heraus hören, finde ich das erstmal eine gute Sache. Ich selbst versuche zumindest, mir vom Testosteronhaushalt der Welt nicht die Laune verderben zu lassen! Das geht mal besser und mal schlechter. Vielleicht schlägt sich das auch in den Songs nieder.

„Goldene Zukunft“ ist auf „Grönland Records“, dem Label von HerbertGrönemeyer, erschienen, dass in den vergangenen Jahren u.a. Künstler wie Philipp Poisel und „BOY“ unterstützt hat. Wie kam es zu der Zusammen-arbeit?

Auch hier spielte vor allem der Zufall eine Rolle. Irgendwie landeten meine Songs auf den Schreibtischen der „Grönland“-Leute und so kam es zum Kontakt und schließlich zur Zusammenarbeit, die mir sehr gefällt, vor allem, weil sie sehr familiär abläuft. 

Nach dem Album-Release hast aufvielen Festivals, wie dem „Dockville“,„Haldern Pop“ oder dem „Reeperbahn-Festival“ gespielt und warst u.a. mit „Element of Crime“ auf Tour. Wie hat es sich angefühlt, die Songs dann erstmals live und in so großem Rahmen zu präsentieren? Die Produktion des Albums soll dem Vernehmen ja geradezu „eremitenhaft“ vonstattengegangen sein: nur du und dein kleines 20qm Studio in Leipzig. 

Das hat sich auf eine merkwürdige Weise gleich sehr natürlich angefühlt. Vor allem im Vorprogramm von „Element of Crime“, „Kettcar“ und Moritz Krämer zu spielen war eine tolle Option für uns und hat sehr viel Spaß gemacht. Die Bands und ihre Crews waren sehr zuvorkommend und das hat einfach einen ganz entspannten Rahmen für unsere Konzerte gegeben. Eine geradezu „fluffige“ Angelegenheit. 

Auch diesen Sommer bist du wiederlive unterwegs, so auch auf dem „Schlossgrabenfest“, wo Du am 2. Juni spielen wirst. Warst du schon einmal in Darmstadt? Kennst du das Fest?

Das „Schlossgrabenfest“ selbst kenne ich noch nicht. Aber ich habe schon in verschiedenen Besetzungen bei Euch gespielt, zum Beispiel im „Schlosskeller“. Jetzt freue ich mich, auch mal Open Air bei euch aufzutreten. 

Wie golden sieht die Zukunft für dein Soloprojekt aus? Ist ein zweites Album denkbar?

Ich denke doch. In den nächsten Wochen kommt auf jeden Fall ein neues Lied raus und so geht es dann hoffentlich in den kommenden Monaten weiter. 


Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Infos hier.
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