Frag bloß (nicht) Doktor Google!

Kolumne April 2018

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©Marco Verch

Wer seine Symptome googelt, diagnostiziert sich selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit eine deutlich schlimmere Krankheit als tatsächlich vorliegt. Erst vor wenigen Tagen rief mich eine Freundin panisch an. Seit einer Woche plagten sie muskelkarterartige Schmerzen in der Wade – die Internetrecherche hätte ergeben, dass es sich vermutlich um eine Thrombose handele, die in einer tödlichen Lungenembolie enden könnte.Und meine Freundin ist nicht allein: Rund die Hälfte der deutschen Internetnutzer sucht im Internet nach Gesundheitsthemen, das hat eine repräsentative Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden. Dabei informieren sie sich in erster Linie über Wikipedia und ähnliche Online-Lexika. Besonders zu denken geben sollte uns aber diese Zahl: Nur drei Prozent der Nutzer geben an, dass sie mit den gefundenen Informationen selten zufrieden sind. Die Schnelldiagnose via Google wird selten hinterfragt. Vor diesem Hintergrund überrascht es doch ein wenig, dass 65 Prozent derAnsicht sind, vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen im Netz seien nur schwer zu finden.Was also tun, wenn einen Symptome plagen, die man nicht zuordnen kann? Klar ist: Dr. Google hat immer Sprechstunde. Dr. Google weiß alles – vermeintlich. Dr. Google ordnet nicht ein, sondern liefert eine wilde Informationsflut.Jeder sechste Arzt (14 Prozent) rät von der eigenen Internetrecherche ab – 20 Prozent der Ärzte hingegen ermutigen ihre Patienten dazu, auch auf eigene Faust den Symptomen auf den Grund zugehen. Die Gesundheitsinformationen aus dem Netz können eine gute Ergänzung zur ärztlichenBehandlung sein, dass sieht auch die die Hälfte aller Patienten so.Manchmal geht es bei der Recherche auch gar nicht um harte Fakten, sondern um Beistand undHilfe. Wer ein seltenes Krankheitsbild aufweist, kann im Netz Halt und Verbündete finden.Wichtig ist, dass Dr. Google nicht als alleiniger Diagnosefinder herangezogen wird. Eine Internet suche kann keinen Arztbesuch ersetzen, diesen aber sinnvoll unterstützen. Besonderes Augenmerk sollte auch auf die Seriosität des Angebots gelegt werden. Meine Freundin hatte übrigens nur einen schlimmen, unbehandelten Wadenkrampf. Der Spuk war schnell wieder vorbei – ohne Thrombose und ohne Lungenembolie.

Bildvorschlag: https://www.flickr.com/photos/149561324@N03/39201083994 Marco Verch / CC BY2.0

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