„Die Leute in Darmstadt sind einfach offen“

Benjamin Metz im Interview mit Mädness

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© Moritz Reich

Der Darmstädter Rapper Mädness hat durch zahlreiche HipHop Jams und Auftritte mit Größen wie Olli Banjo und anderen in der deutschen HipHop-Szene eine breite Anhängerschaft gewonnen und genießt einen exzellenten Ruf als Freestyle-Wortakrobat. Er war auf dem Nonstock-Festival im Fischbachtal live zu Gast und hat dort –wieder einmal- die Massen gerockt. FRIZZ-Redakteur Benjamin Metz traf Mädness vor Ort zum Interview und sprach mit ihm über neue Nazis, alte Szenekollegen und einen B-Plan fürs Leben.

FRIZZ: Gestern hast du auf deiner Facebook Seite deinen Song „Uffbasse“ mit dem Vermerk „Aus gegebenem Anlass“ gepostet. In dem Song geht’s unter anderem darum, dass Darmstadt Nazifrei bleiben soll. Was ist konkret vorgefallen?

Mädness: Auf Facebook kursierte die Tage eine Seite des „FSN Dieburg“, die sich „Nationale Sozialisten Darmstadt-Dieburg“ nennen. Die haben sogar 104 Likes auf Facebook und es geht einfach nicht, dass sich so eine Szene wieder formiert. Ich habe zum Glück schon länger nichts mehr von Faschos oder Neonazis in der Region gehört. Das war früher mal zu Schulzeiten bei uns ein Thema. Da gab es an der Schule halt zwei, drei Faschos. Das war aber mehr so jugendszenemäßig, wie andere ihre Phase als Metaller oder Skater hatten. Natürlich fanden wir das auch damals schon scheiße, aber das hatte einfach einen naiven, unorganisierten Touch. Aber auch damals haben wir da schon contra gegeben und das muss man auch heute so machen – wehret den Anfängen! Der Song war einfach ein Statement, gegen solche Gruppierungen etwas zu tun. 

FRIZZ: Du bist gebürtiger Darmstädter und mit der hiesigen Szene auch über das HipHop Genre hinaus eng verbunden. Ich denke da an deine Zusammenarbeit mit 47 Million Dollars. Was verbindet dich mit Darmstadt?

Mädness: Ich bin kein gebürtiger Darmstädter aber mag die Stadt sehr. Ich lebe hier gerne und habe hier auch ein tolles Netzwerk gefunden. Allerdings habe ich die Heinerflagge nie großartig hochgehalten und ich repräsentiere auch keine Postleitzahl. Ich wollte auch nie, dass dieser Bezug ein Vorzeichen unserer Musik wird. Das ist eher von außen an mich herangetragen worden. Diese Ortsbezug ist eigentlich ein typisches HipHop-Ding: Du erzählst, wer du bist, wie du heißt, wo du herkommst. Ganz klassisch. Aber mehr war das bei uns nicht. 

FRIZZ: Die Darmstädter HipHop Szene ist bereits seit jeher überaus vielseitig und kreativ. Über die Jahre gab es verschiedene Labels wie Kehlkopf, Abgrundrecordz oder IDC Records und diverse MCs (Manges, Baggefudda und Digga Ras). Wie erklärst du dir diese aktive Szene? Darmstadt ist ja nicht gerade ein Melting Pot wie Berlin.

Mädness: Das habe ich keine wirkliche Antwort drauf. Allerdings ist das meiner Meinung nach in Darmstadt mit vielem so, nicht nur im HipHop. Die Rockszene ist ja auch sehr vielseitig und die Musikszene ist hier allgemein sehr gut vernetzt. Die Leute kennen und schätzen sich auch genreübergreifend. Das ist mir anderswo, zum Beispiel in Frankfurt, noch nicht so aufgefallen. Das liegt vielleicht auch an der Größe der Stadt. Die Leute in Darmstadt sind einfach offen. Und haben Bock auf gemeinsame Projekte. Die haben Lust auf Neues. Aus diesem Geist heraus sind auch die Koops mit Bands wie 47 Million Dollars entstanden.

FRIZZ: Allerdings wird die Szene vor allem von den Alteingesessenen wie Manges, Digga Ras oder Dir getragen. Junge Acts treten eher weniger auf den Plan. Dein Kollege Phonk D klagte bereits vor ein paar Jahren „dass der Nachwuchs fehlt“.

Mädness: Mittlerweile sind allerdings wieder viele Leute aktiv. Mein Bruder, zum Beispiel, hat unter dem Namen „Döll“ vor einem guten Vierteljahr seine EP veröffentlicht, die weite Kreise gezogen hat. Da merkt man schon, dass da ein neuer Schub kommt. Es gibt ja auch noch Annerst, El Ray, die Bessunger Hills Crew und weitere Gruppierungen. Dass es aus der Szene hier bis auf Olexesh niemand so wirklich auf ein großes, bundesweites Level geschafft hat, liegt einfach an den Strukturen, denke ich. Die Leute haben ihren Rap gemacht und der war auch auf jeden Fall gut und hätte auch national greifen können, aber es haben dann einfach die Strukturen und auch ein Stück weit das letzte bisschen Ehrgeiz gefehlt, um ganz durchzustarten. 

FRIZZ: Obwohl du auch immer schon einen guten Draht in bundesweite HipHop Szene hattest und viele bekannte Kollegen voll des Lobes über dich sind, ist die ganz große Karriere bis dato ausgeblieben. Woran lag’s? 

Mädness: Am Anfang war einfach noch überhaupt kein Bewusstsein dafür da, wo das hinführen kann oder dass das mal ein wirklich Job werden könnte. Das erste Album haben wir ganz simpel im Heimstudio aufgenommen und gemacht, worauf wir einfach Lust hatten. Ohne darüber nachzudenken, ob das alles so passt. Aber das hatte Charme und kam ganz gut an. Irgendwann hatten wir dann auch mal Blut geleckt, als dann das erste Mal ein Video von uns auf „MTV Urban“ gelaufen ist. Da habe ich dann schon gedacht: „Wow, da hätte ich schon Bock drauf!“ Irgendwie habe ich aber dann gemerkt, dass ich beruflich lieber die sichere Schiene fahren möchte. Mittlerweile bin ich sehr zufrieden mit der Entscheidung, die Musik als zweites Standbein zu nutzen. Ich habe die Mädness Sache und meine anderen musikalischen Projekte, wie Dirty Dabbes und die Gude Gäng, und damit bin ich absolut happy.

FRIZZ: Du warst auch als Moderator bereits für das legendäre Splash! Festvial gebucht. War das einfach ein Gag, um deinen Song „der Moderator“ zu promoten oder ist das Moderieren vielleicht auch ein Plan B für die Karriere?

Mädness: Doch, schon. Ich habe ja auch noch ein paar andere Sachen moderiert. Aber so etwas wie das Splash kann man nur einmal moderieren, finde ich. Das hat wirklich extrem viel Spaß gemacht damals. Die Idee kam von Julian Gupta, dem Booker des Splash, der meinte, dass es cool wäre, da einen Songs zu machen. Und mein DJ schlug dann die Kool Savas Nummer „Der Orchestrator“ vor, die wir in „Der Moderator“ umgebaut und als Promosong für das Festival verwendet haben. 

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch.

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