„Du brauchst kein Berlin, um geile Musik zu machen!“

Ben und Matze von den Ohrbooten im Gespräch mit FRIZZ Redakteur Benjamin Metz

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© Sven Hagolani

Mit ihrer überaus tanzbaren Mischung aus Reggae, Ragga, Alternative und Hiphop haben sich die Berliner Ohrbooten hierzulande eine beachtliche Fangemeinde erspielt. 2003 gegründet, hat das Quartett mittlerweile zahlreiche Tourneen absolviert und seinen Ruf als exzellente Liveband stetig ausgebaut. Im Sommer 2009 erschien das Album „Gyp Hop“, das der Band nach „Babylon Bei Boot“ von 2007 den zweiten Charterfolg bescherte. FRIZZ Redakteur Benjamin Metz traf Sänger Ben und Gitarrist Matze im Rahmen ihres Konzerts bei „Folklore im Garten“ in Wiesbaden zum Gespräch.

FRIZZ: Ihr bezeichnet euren musikalischen Stil als „Gyp Hop“, auch euer neues Albums habt ihr so genannt. Was versteht ihr darunter?

Matze: Es werden immer sehr viele Stile aufgezählt, sobald die Leute versuchen, zu beschreiben, was wir musikalisch machen. Ein Freund von uns meinte dann irgendwann einmal: „Hey, ihr macht doch total den Gypsy Hip!“ Und diese Kombination aus „Gipsy“ und „HipHop“ war es dann für uns, das hat es sehr gut getroffen, weil unsere Musik einerseits sehr handgemacht klingt, mit Gitarre und diversen Percussions, wir auf der anderen Seite aber auch Synthiebässe, HipHop-und andere zeitgenössische Elemente verwenden. Und es geht auch ums Sammeln von Eindrücken, dass man etwas mitnimmt von den Orten, an denen man gewesen ist, und das in seine Musik einfließen lässt.

FRIZZ: Euer „Gyp Hop“ ist mittlerweile enorm erfolgreich - Ihr seid auf sämtlichen großen Festivals hierzulande, wie Rock am Ring, Hurricane, Chiemsee Reggae Summer, und vielen anderen gewesen. Allerdings spielt ihr auch immer wieder mal auf kleineren Veranstaltungen. Was liegt euch mehr? Wo liegen die Vor- und Nachteile großer und kleiner Festivals?

Ben: Das macht gar nicht so einen großen Unterschied. Ok, Du merkst es schon mitunter am Catering oder hier und da an der Bühnentechnik, aber das war’s dann auch schon. Die Situation ist im Grunde immer die gleiche: Du machst Musik, die Leute haben Bock zu Feiern und wir versuchen, unser Bestes zu geben.  

FRIZZ: Ben und Matze haben ja vor den Ohrbooten als Duo Debaska auch viel Straßenmusik gemacht. Nirgendwo dürfte der Kontakt zum Publikum direkter sein. Geht da auf großen Festivals nicht schon aufgrund der großen räumlichen Distanz zum Publikum auch etwas verloren?

Ben: Man kann sich das als Band aber auch bewahren. Wir haben zum Beispiel bei Rock am Ring, bevor wir auf der großen Bühne gespielt haben, an den Eingang gestellt und Straßenmusik gemacht. Du bist auf den Festivals schon in einer eigenen kleinen Welt. Da ist das Backstage, da das Catering, deine Garderobe, da ist die Bühne. Du musst dich da gar nicht rausbewegen. Das ist aber genau das Spannende, denn da draußen sind die Leute, da passiert das Festival.   

FRIZZ: Vor den Ohrbooten wart ihr in verschiedenen, stilistisch mitunter sehr unterschiedlichen Bands unterwegs. Und auch heute habt ihr noch das ein oder andere Nebenprojekt zu den Ohrbooten. Onkel spielt beispielsweise noch bei der Berliner Metalband Toxon. 

Matze: Da spiele ich inzwischen auch.

FRIZZ: Wie wichtig sind solche Nebenprojekte? Und warum ausgerechnet Metal?

Matze: Onkel spielte schon lange vor den Ohrbooten Metal. Durch die Ohrbooten ist er eigentlich erst zu Reggae und HipHop gekommen. Metal ist geil! Ich habe früher auch in einer Punkrock-Band gespielt, von daher weiß ich auch, wie man mit einer E-Gitarre Lärm macht (lacht). Die Metalband ist auch ein schöner Ausgleich. Mit der Band spielen wir aber auch nicht soviel, zu zeitintensiv kann das auch nicht sein.  

FRIZZ: Ihr seid bei JKP, dem Label der Toten Hosen Hosen unter Vertrag, und um eure Konzertangelegenheiten kümmert sich KKT, die ebenfalls die Toten Hosen betreut. Wie kam es zu diesen Partnerschaften? Beide Unternehmen nehmen ja nur sehr wenige und sehr ausgewählte Acts unter Vertrag.  

Ben: Das war eigentlich ein Zufall. Die haben unser Demo von irgendjemandem in die Hände gedrückt bekommen. Und wir hatten das große Glück, dass die unsere Songs gut fanden. Uns gab es damals in der Besetzung gerade einmal drei Monate. Dass wir dann bei beiden Firmen untergekommen sind, war gar nicht geplant, da ist so eins zum anderen gekommen. Und irgendwann hatten wir diese Rundumbetreuung. Wir sind da auch sehr glücklich, KKT ist eine supergute Bookingfirma, ohne die wären wir echt am Arsch gewesen. Die haben uns durch ihre zahlreichen Connections auf die großen Festivals gebracht und wir haben dort aber immer gerockt. Da kam immer was zurück und so ist das mit uns immer etwas größer geworden.  

FRIZZ: Ihr bezeichnet euch als „Berliner Band“. Wie wichtig ist Berlin für eure Musik? 

Ben: Sehr wichtig. Wir kommen ja von dort. Aber wir denken da auch nicht unbedingt großartig daran. Berlin ist sicher wichtig für die Band und wir wären ohne Berlin wohl so als Band auch nicht zusammen gekommen, aber Berlin hätte auch nicht sein müssen. Das sieht man auch an Bands wie La Brass Banda, die gerade sehr angesagt sind. Die kommen halt vom fucking Dorf und machen aber auch „Gyp Hop“ im weitesten Sinne und mixen ihren Stil aus modern und traditionell. Du brauchst kein Berlin, um geile Musik zu machen! Klar, wir haben diesen Slang und so einen Großstadtflavour in unserer Mucke, aber das sind nur Facetten. Unsere Einflüsse sind international.   

FRIZZ: Seeed, Culcha Candela, Ohrbooten – in Berlin scheint allerdings reggaemäßig jede Menge los zu sein. Woran liegt das eurer Meinung nach? Warum ist Berlin so ein guter Nährboden für eure Musik?

Matze: Es gibt ja auch eine große Szene dort. Auch die Dancehall-Zeit in Berlin in den 90ern, das war echt fett! Es gibt auch viele Jamaikaner, die nach Berlin kommen, um Musik zu machen. Die fühlen sich da auch sehr gut aufgehoben, denke ich. Das gibt es eine echte Community.

Ben: Berlin hat ein großes Herz für alle, das stimmt. Die Reggae- und Dancehall Partys haben uns auch echt geprägt. Das waren supergute Nächte in irgendwelchen Kellern. Wir waren da sehr viel unterwegs.  

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch.

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