Rückkehr des pinkfarbenen Nashorns

Das Coronavirus hat das letztjährige Theaterfestival „Starke Stücke“ gehörig eingebremst. Vom 17. bis 28. März wollen die Macher jetzt mit einem starken internationalen Programm auf die Rhein-Main-Bühnen zurückkehren. In Darmstadt sollen die Centralstation, das Theater Moller Haus und der Waldkunstpfad bespielt werden.

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© Thomas Mohn

Nachdem das Festival im März letzten Jahres zuerst digital und im Sommer dann als etwas angestrengt wirkendes Open-Air-Format stattfinden musste, soll das pinkfarbene Nashorn im Frühjahr 2022 wieder auf den Bühnen der Rhein-Main-Region auferstehen. Das abstrahierte Markenzeichen und sympathische Maskottchen der Leistungsschau steht seit 1994 stellvertretend für ausgewählte Theaterproduktionen, die ein überwiegend junges Publikum ansprechen. Im umfangreichen Rahmenprogramm soll es auch diesmal mit einer Vielzahl von Diskussionsrunden und Inszenierungsgesprächen Gelegenheiten zum Austausch zwischen Künstlern und jugendlichem Publikum sowie mit Eltern, Pädagogen und Veranstaltern geben.

Der „next generation workspace“ etwa versteht sich als ein experimentelles Labor, das von den Teilnehmern aktiv gestaltet werden kann und soll. Die Kursanten besuchen das „Starke Stücke“-Festival und gehen gemeinsam vom Austausch über ausgewählte Aufführungen der Festspiele und der Reflexion von eigenen Arbeitserfahrungen, Herangehensweisen und Positionen zum Thema „Theater für junges Publikum“ in kleinen Gruppen in einen künstlerischen Prozess über. In den folgenden Residenzphasen sollen sie sich ergebnisoffen mit einer eigenen Forschungsfrage, einem speziellen Thema oder künstlerischen Format beschäftigen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Resultate dieser kulturtheoretischen Feldforschung am Ende lebendiger über die Bühne kommen als die nebulös-schwülstige Projektbeschreibung in der Pressemitteilung.

Getragen wird „Starke Stücke“ von einem Netzwerk unterschiedlicher Kulturveranstalter, und tatsächlich haben die Kulturregion FrankfurtRheinMain und die Starke Stücke GbR für ihr Projekt auch ein wirkmächtiges internationales Programmpaket geschnürt: Vom 17. bis zum 28. März präsentieren Künstler aus Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, der Slowakei und Spanien 21 spannende Inszenierungen für junge Menschen und deren Familien. Projektiert sind über 100 Vorstellungen an über 20 Spielorten. Mit De Dansers aus Utrecht (20. bis 22.), Post uit Hessdalen aus Antwerpen (23. u. 24.) und dem Osloer Panta-Rei-Tanztheater (25. u. 26.) werden beispielgebend gleich drei Kompanien an der Bernhard-Grzimek-Allee zu Gast sein und dazu beitragen, das Frankfurter Zoogesellschaftshaus weiterhin als eine lebendige Heimstätte für Kinder- und Jugendtheater zu etablieren.

© Ursula Kaufmann

Das Festival hält vielfältige Theaterzugänge offen. Beginnend mit Inszenierungen für das jüngste Publikum ab einem Jahr, richtet es sich generationenübergreifend und unabhängig von sprachlichen, sozialen und kulturellen Hintergründen an alle von der Bühnenkunst infizierte Menschen. Auf der Agenda stehen diverse Tanz-, Objekt- und Sprechtheaterformen sowie akrobatische Stückeentwicklungen und Soundperformances. In ihren Aufführungen verhandelt etwa das Bonner Theater Marabu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleich neu mit, „Morgen ist heute gestern“ (Foto) veranschaulicht den Wandel der Zeit, aber auch die Kontinuität im Leben - mit Tanz und Bewegung, Sound und Sprache. Die alters- und körperübergreifende Entdeckungsreise ist nicht nur in Obertshausen (22.), Bischofsheim (23.) und dem Frankfurter Gallus Theater (23. u. 24.) zu erleben, sie feiert am 3. und 4. April auch außerhalb des Festivalzeitraums ein Comeback im Stadttheater Aschaffenburg.

In Darmstadt erwachen Alltagsgegenstände zum Leben und das Publikum greift zu den Drumsticks.

In Darmstadt werden an den Festivaltagen die Centralstation, das Theater Moller Haus und der Waldkunstpfad bespielt. „Spectacular Failures“ (21.) nennt sich das schrille Tanztheaterstück der Kölner performing:group, in „Man strikes back“ (27.) der Gruppe Post uit Hessdalen sieht man hingegen einen Jongleur, der mit faszinierender Präzision seine Bälle über mehrere hölzerne Dreiecke dirigiert und einen Schlagzeuger, der diesen Rhythmus mit seinem Instrument aufgreift.

Während sich die Aufführungen in der Centralstation zumeist den großen Gesten verpflichtet fühlen, setzt man im Moller Haus auf minimalistische Sinnesreize: „Normalerweise oder andersrum“ (17.) macht uns glauben, dass Gegenstände womöglich eigene Erinnerungen und Gefühle haben, das Cia Tercio Incluso Teatro aus Barcelona strickt daraus wunderschöne Geschichten auf kleinstem Raum über Alltagsgegenstände, die zum Leben erwachen. Die beiden Musiker von Benoit Sicat aus Rennes wiederum empfangen ihr Publikum in einem Wald aus hohlen Bäumen. In „Ein Wald voller Klänge“ (22. u. 23.) verwandelt sich noch jedes Buschwerk in ein Musikinstrument mit ganz eigenem Sound. So entsteht im Darmstädter Waldkunstpfad nach und nach ein freies Konzert, bei dem die Zuschauer aufgefordert werden, selbst zu den Drumsticks zu greifen.

Eintrittskarten des Festivals „Starke Stücke“ (17. bis 28. März 2022) können direkt bei den einzelnen Veranstaltern oder autorisierten Vorverkaufsstellen erworben werden. Die Preise liegen bei familienfreundlichen 2 bis 15 Euro. Informationen zum Workshop-Programm sind unter der Nummer 069 2577 1771 abrufbar, das Festivalbüro ist unter der 069 2577 1763 erreichbar. Alle Informationen zu möglichen Programmänderungen und zum weiteren Festivalablauf werden tagesaktuell im Internet unter www.starke-stuecke.net bereitgestellt.

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