„Wir brauchen keine Vorbilder“

Heinz Strunk über die neue Supergroup des Studio Braun

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© Staatsakt

Knapp 30 Jahre ist es nun her, dass das kongeniale Elektro-Trio Fraktus mit seinem Hit „Affe sucht Liebe“ ein Genre erfand, das Jahre später als „Techno“ weltweit für Furore sorgen sollte. Eine Erfolg, den Fraktus nicht mehr erleben sollte, ging die Band doch bedauernswerterweise nach nur zwei (exzellenten) Alben getrennte Wege. Doch nun melden sich die Elektropioniere fulminant zurück: Mit Film, Album und Tournee! Die Ganze Story hat nur einen Haken – sie ist nicht wahr, sondern ein wunderbarer Klamauk des Hamburger Spaßensembles Studio Braun, bestehend aus Heinz Strunk, Jaques Palminger und Rocko Schamoni. Echo-Live Redakteur Benjamin Metz sprach mit Heinz Strunk übers Filmemachen, die 80er Jahre und die bevorstehende Fraktus-Tournee.

FRIZZ: Die Idee zum Fraktus-Projekt soll es bereits 1999 gegeben haben, doch erst 13 Jahre später kam der Film nun Anfang November in die Kinos. Warum hat das solange gedauert? 

Heinz Strunk: 1999 waren wir einfach noch keine relevante Größe. Es gibt ja jede Menge Leute da draußen, die irgendeine Idee für einen Film haben, aber das Ganze musst du ja auch erstmal finanziert bekommen. Und Filme machen ist eine wirklich teure Angelegenheit. Also wurde das ganze Projekt erst möglich als auch unsere Popularität gewachsen war. In den letzten Jahren kamen dann noch diverse andere Schwierigkeiten hinzu, beispielsweise sind uns mehrfach die Hauptdarsteller abgesprungen.  

FRIZZ: Warum bekommt eigentlich jeder Schenkel-Klopfer Comedian wie Mario Barth oder Tom Gerhardt einen abendfüllenden Film finanziert und Projekte wie „Fraktus“ müssen jahrelang hausieren gehen? Wirklich erfolgreich sind diese Trash-Comedy Leute mit ihren Filmen ja auch nicht, von Bully Herbig mal abgesehen.

Heinz Strunk: Stimmt schon. Der Atze Schröder Film war ein ziemlicher Flop. Aber es reicht dann eben doch am Ende. Mario Barths Film lief beispielsweise nicht so erfolgreich wie erwartet, aber letztendlich haben sich dann doch 1,5 Millionen Leute ins Kino bewegt. Soll heißen, die Leute kriegen auf jeden Fall ihr Geld mit solchen Sachen wieder rein. Und deswegen wird es auch immer solche Sachen wie Otto und die Sieben Zwerge geben. Einfach, weil sich das doch meistens rechnet. Bei uns war das nicht so. Der Film ist leider gefloppt. Wir hatten zwar die geilsten Kritiken, die man sich vorstellen kann, aber der Film hat nullkommanull funktioniert. Fraktus als Band ist hingegen sehr angesagt. Da gibt es eine wirklich große Nachfrage. Was uns ziemlich erstaunt, denn das war ja eigentlich nur als Gimmick, als Support für den Film gedacht. Und jetzt hat sich da eine ganz eigenständige Sache daraus entwickelt.   

FRIZZ: Die Fraktus-Mitglieder Thorsten Bage, Bernd Wand und Dickie Schubert wirken wie 1:1 aus den 80er in die Jetztzeit geholt, man fühlt sich permanent an irgendwen erinnert, man kommt nur nicht auf den Namen. Vor allem die frühen „Originalaufnahmen“ aus „Formel 1“ wirken wie eine Mischung aus DAF und Kajagoogoo. Gab es reale Vorbilder für eure Charaktere? 

Heinz Strunk: Nö, gar nicht. Wir haben die Zeit damals natürlich voll mitbekommen und da gab es hunderte Bands, die man irgendwie cool fand und natürlich ist das alles in unsere Figuten miteingeflossen. Aber ganz konkrete Vorbilder gab es nicht. Wir hatten es aber auch eher bescheuert gefunden, eine bestimmte Band nachzumachen. So eine Persiflage auf eine 80er Band wäre nur langweilig gewesen. Unsere Band musste schon was ganz Eigenständiges haben. Wir brauchen keine Vorbilder. 

FRIZZ: Durch Fraktus und die nun anstehende Tour dürftet ihr auch eine Menge neuer Fans gewinnen, die nicht unbedingt wissen, wer Studio Braun ist oder dass du auch sehr erfolgreich als Autor arbeitest. Ist da nicht ein gewisses Risiko auf eure Fraktus-Alter Egos reduziert zu werden? Wirst du beispielsweise oft auf das schaurige Arschgeweih-Tattoo deiner Filmfigur Thorsten Bage angesprochen?

Heinz Strunk: Nee, gar nicht. Das interessiert mich auch nicht. Das ist einfach eine Rolle und das war es auch. Jeder, der sich halbwegs auskennt, weiß ja, was ich sonst so mache, insofern sehe ich da überhaupt keine Gefahr, auf die Fraktus-Figur reduziert zu werden. Und ob da irgendwelche Hansels einen Kult um die Band machen oder nicht, ist mir komplett egal.

FRIZZ: Die Glaubwürdigkeit der Fraktus-Story gewinnt vor allem auch durch die O-Töne bekannter Musiker wie Jan Delay, Westbam, Yello-Sänger Dieter Meier, Blixa Bargeld, H.P. Baxxter, Marusha und Moderatoren wie Peter Illmann oder Steve Blame. War es eigentlich einfach, diese Leute für Fraktus zu gewinnen? H.P. Baxxter dürfte für so ziemlich jeden Spaß zu haben sein, aber bei Dieter und vor allem Blixa Bargeld war ich dann schon überrascht. Gab es auch Leute, die keine O-Töne liefern wollen?

Heinz Strunk: Ich hatte da nicht wirklich was mit zu tun, ich kann mich ja nicht um alles kümmern. Der Regisseur hat die O-Töne angefragt und soweit ich weiß, war das auch in den meisten Fällen keine große Sache. Allerdings gab es schon auch Absagen. Sven Väth, Paul Kalbrenner und diese Leute haben sich verweigert. Die wollte nicht mitmachen.

FRIZZ: Ihr habt auch beim Soundtrack großen Wert auf Authentizität gelegt.  Gemeinsam mit Produzent Carsten Meyer von Erobique habt ihr im Studio der NDW Band Geisterfahrer, wo auch Andreas Doraus Klassiker „Fred Vom Jupiter“ aufgenommen wurde, mit altem Original-Equipment gearbeitet. Herausgekommen ist ein 1a 80s-Elektro-Abum, das mit "Affe sucht Liebe", "A.D.A.M." und "Computerliebe" auch potentielle Hits präsentiert. Wie ernst ist es euch mit der Band? Da ist durchaus Potential für weitere Alben, wie es scheint.

Heinz Strunk: Auf jeden Fall. Vor allem, da es mit der Band ja wirklich besser als erwartet läuft. Wir wären ja blöd, wenn wir diese Welle jetzt nicht mitnehmen würden. Daher gehe ich auf jeden Fall davon aus, dass wir noch ein zweites Album machen werden. Ob das dann auch weiterhin gut läuft oder jetzt nur mal so ein Hype ist, bleibt abzuwarten. Da kann man einfach noch nichts zu sagen. Aber jetzt kommt erstmal die Tour, dann inszenieren wir Fraktus fürs Thalia Theater und werden hierfür noch einige neue Songs schreiben. 

FRIZZ: A propos „Tournee“. Sind die Auftritte nicht auch ein Wagnis? Ihr müsst ja richtige Konzerte abliefern, das Publikum erwartet aber sicher auch, amüsiert zu werden. Das kann ein schmaler Grat sein.

Heinz Strunk: Mich interessieren die Erwartungen der Leute nicht. Wir machen einfach das, was wir uns vorstellen und punkt. Ich gehe mal davon aus, dass wir die üblichen coolen Leute auf unseren Konzerten haben werden und die wissen schon, was sie erwartet. Und falls das dann der ein oder andere nicht gut findet, findet der das halt nicht gut. Das kann ich aber nicht ändern, denn wir bedienen keine Erwartungen. Das Publikum hat da sehr feine Antennen, du kannst den Leuten nichts vormachen. Wir hatten ja aber bereits zur Filmpremiere ein paar Konzerte gegeben und wenn die nicht gut gelaufen wären, hätten wir diese Tournee sicher auch nicht auf den Weg gebracht. 

FRIZZ: Obwohl ihr mittlerweile auch alle mit euren Soloaktivitäten sehr erfolgreich seid, habt ihr Studio Braun immer fortgeführt, mittlerweile ganze 15 Jahre lang – was bedeutet Studio Braun für dich? Ein zweites Standbein? Urlaub von den Soloprojekten? Eine Klassenfahrt mit Freunden? 

Heinz Strunk: Das trifft eigentlich alles zu. Es ist einfach ein großes Glück, dass das über all die Jahre so gut funktioniert hat. Wir haben uns ja auch sehr verändert und machen mittlerweile ganz andere Sachen als früher. Studio Braun ist einfach ein Homebase und bietet auch definitiv eine Entlastung von den Solosachen. Ich würde auch mein Leben nicht ausschließlich als Solokünstler verbringen wollen, glaube ich. 

FRIZZ: Ihr habt in zahlreichen Interviews bekundet, dass ihr gerne auch in Zukunft Filme mit Studio Braun realisieren möchtet. Gibt es da schon konkrete Ideen für weitere Filmprojekte? Und wird es wieder zwölf Jahre dauern, bis ein neuer Film von Euch in die Kinos kommt?

Heinz Strunk: Ich bereite für nächstes Jahr gerade zwei Filmprojekte vor. Bei Studio Braun steht jetzt, wie gesagt, erstmal die Fraktus-Tour auf dem Plan und dann die Theatersache. Im März kommt dann mein neues Buch raus und im Sommer möchte ich mit dem nächsten Roman beginnen. Das heißt aber auch, dass mit Studio Braun erstmal keine weiteren Sachen geplant sind. Wir sind ja aber auch erstmal noch gut mit dem Fraktus-Projekt beschäftigt. Es ist aber gut möglich, dass wir im nächsten Jahr wieder richtig Lust auf ein neues Projekt haben – entscheidend ist natürlich immer eine zündende Idee. 

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Infos:

Fraktus

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