„Lesungen sind ein guter Grund, Bücher zu schreiben“

Ronja von Rönne zu Gast in der Galerie Kurzweil

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© Carolin Saage

Die Wahlberlinern Ronja von Rönne gilt spätestens seit dem Erfolg ihres „Sudelheft“-Blogs und ihren hochgelobten Artikeln in der „Welt“, „Zeit“ u.a. als ganz große Nachwuchshoffnung in der deutschen Autorenlandschaft. Im März erschien nun ihr Debütroman „Sie kommen“ aus dem Ronja von Rönne Anfang Juni in der Darmstädter Galerie Kurzweil vorliest. 

FRIZZ: Du bist in den vergangenen Jahren vor allem als Bloggerin und Verfasserin vieler kluger Texte in den großen Tageszeitungen und Magazinen des Landes aufgefallen. Im März erschien nun Dein erster Roman „Wir kommen“. Wann hast Du gemerkt, dass ein ganzes Buch in Dir ist, das geschrieben werden möchte? 

Ronja von Rönne: Das war leider gar nicht so romantisch, wie es sich für Schriftsteller eigentlich gehört. Die Lektorin des Aufbau Verlags hatte meinen Blog entdeckt, und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, ein ganzes Buch zu schreiben. Das war bis dahin höchstens ein vager Traum gewesen, plötzlich war die Chance da, ich sagte also zu. 

FRIZZ: Kannst du kurz umreißen, worum es in deinem Debüt geht? 

Ronja von Rönne: Es ist eine Nicht-Liebesgeschichte. 

FRIZZ: Einen Roman zu schreiben ist sicher eine andere Herausforderung als einen Artikel zu verfassen. Was hat Dich an dem Format gereizt? 

Ronja von Rönne: Ich hatte mir das Roman-Verfassen etwas zu malerisch vorgestellt. Bei einem Glas Rotwein abends völlig in der Handlung versinken, das war die Illusion. Die Realität war dann eher völlig panisch Kapitel herumschieben, alles wegwerfen wollen, und einen tiefen Hass gegen jede einzelne Figur zu entwickeln. Die Ideen kamen also leider nicht wie von selbst, und es tauchte partout keine kusswillige Muse auf. 

FRIZZ: Nora, die Protagonistin Deines Romanes, leidet unter regelmäßig wiederkehrenden Panikattacken. Spielen da eigene Erfahrungen mit rein? Wie groß war die Angst, mit Deinem ersten Roman zu scheitern? 

Ronja von Rönne: Angst und Panikattacken haben für mich wenig miteinander zu tun. Panikattacken sind ein sehr körperlicher Vorgang, im Prinzip die Symptome von Todesangst: Atemnot, Herzrasen, Schwindel. Bei den ersten Panikattacken hatte ich keine Angst, ich war mir einfach sicher, einen Herzinfarkt zu haben. 

FRIZZ: Und wie fühlt sich das Buch jetzt nach der Veröffentlichung an? Wie gehst Du mit den Kritiken um? 

Ronja von Rönne: Das Buch ist ziemlich schnell ein Fremdkörper geworden. Als wäre der Text nach Veröffentlichung plötzlich von mir amputiert worden. Über gute Kritiken freue ich mich, schlechte machen mich wahlweise verzweifelt oder wütend oder verzweifelt und wütend. Anstrengend ist aber vor allem die Masse, wenn einen auf einen Schlag sehr viele Leute bewerten. Ich tendiere dann dazu, das ständig mit meinem Selbstbild abgleichen zu wollen, und scheitere natürlich dran. Am meisten berühren mich allerdings nicht gute Kritiken, sondern Emails und Briefe von Lesern. Für die habe ich das Buch schließlich geschrieben. 

FRIZZ: In den vergangenen Wochen war viel über Deine Ablehnung des Axel-Springer- Preises zu lesen. Du solltest für Deinen Text „Warum mich der Feminismus anekelt“ ausgezeichnet werden, von dem Du Dich mittlerweile jedoch distanziert hast. Der Text hatte seinerzeit einen regelrechten Shitstorm nach sich gezogen. Hättest Du gedacht, dass diese Zeilen derartige Reaktionen lostreten würden? 

Ronja von Rönne: Nein, niemals. Aber verzeih’ bitte, ich kann das jetzt nicht noch mal ausbreiten. Ich bin des Themas so unglaublich müde geworden. 

FRIZZ: Wie fühlt sich diese Zeit für Dich, rückblickend betrachtet, an? Haben Dich die ganzen Anfeindungen beim Schreiben Deines Romans beeinflusst? 

Ronja von Rönne: Ja, sicher. 

FRIZZ: Und wie gehst Du heute mit solchen Reaktionen um? Baut man sich nach solchen Erlebnissen automatisch eine Art Schutzschild auf? 

Ronja von Rönne: Man gewöhnt sich nie an Hass, aber man wird besser darin, Feedback zu abstrahieren. Ich bin schnell den Gedanken losgeworden, dass es in Artikeln oder Tweets über mich tatsächlich um mich als Person geht. Ich nehme Hass nicht ernst von Leuten, mit denen ich noch nie Weihnachten gefeiert habe. 

FRIZZ: Du lebst in Berlin, bist aber im beschaulichen Markt Grassau in Oberbayern aufgewachsen, wohin Du dem Vernehmen nach mittlerweile immer wieder gerne zurückkehrst. Was bedeutet Grassau für Dich? 

Ronja von Rönne: Es ist wunderschön dort, aber obwohl ich in Bayern aufgewachsen bin, wird es nie mein Zuhause sein. Ich habe mich dort immer etwas fremd gefühlt. Heute ist es für mich ein guter Ort, für ein paar Wochen der Stadt zu entfliehen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dauerhaft dorthin zurück zu kehren. 

FRIZZ: Du bist aktuell mit Deinem Roman auf Lesereise und machst am 02.06. auch Station in Darmstadt. Wie sieht Dein Fazit zu diesen Veranstaltungen bis dato aus? Wie fühlen sich die Begegnungen mit der Leserschaft an? 

Ronja von Rönne: Lesungen sind ein guter Grund, Bücher zu schreiben. Völlig verschiedene Menschen zu treffen, in Städten zu landen, in denen man noch nie war, Leute zu unterhalten und mit dem Publikum zu streiten, all das macht mir riesig Spaß. Deutlich mehr als schreiben, eigentlich. 

FRIZZ: Was werden wir in Zukunft von Dir lesen? Wirst Du auch weiter als Romanautorin arbeiten oder Dich wieder verstärkt dem Journalismus zuwenden? 

Ronja von Rönne: Im nächsten Frühjahr wird wieder ein Büchlein von mir erscheinen. Aber mehr verrate ich noch nicht, sonst kriege ich von meinem Verlag auf die Mütze. 

FRIZZ: Vielen Dank für das Interview.  

www.sudelheft.blogspot.com

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