„Hürden können hilfreich sein“

Alexa Feser kommt live in die Centralstation

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© Sven Sindt

Spätestens seit dem großen Erfolg ihres zweiten Albums „Gold von morgen“ ist Alexa Feser eine feste Größe der deutschen Popszene. FRIZZmag sprach mit der Sängerin und Songschreiberin über Inspiration, neue Orte und ihre alte Heimat Wiesbaden.

FRIZZmag: Für Dein aktuelles Album „Zwischen den Sekunden“ hast Du Quartier am Alexanderplatz bezogen, um Dich von der dortigen Atmosphäre inspirieren zu lassen. Sich beim Schreiben neuer Songs immer wieder an neue Orte zu begeben ist ein festes Ritual für Dich. Wie muss man sich das genau vorstellen?

Alexa Feser: Ich ziehe dann immer komplett mit Sack und Pack in eine neue Wohnung. Mittlerweile ist das aber gar nicht mehr so einfach, weil Berlin immer teurer wird und gute Wohnungen rar. Mittlerweile wohne ich auch schon gar nicht mehr am Alex, sondern bin in den Tiergarten gezogen. Ich bin also schon lange am nächsten Album (lacht). Ich weiß gar nicht, warum ich das mit den Umzügen brauche. Da ist sicher die Inspiration, aber Umzüge bringen immer auch eine gewisse Aufbruchsstimmung mit sich. Und das bedeutet auch jedes neue Album für mich: einen Neuanfang.

Menschen und Zwischenmenschliches spielen eine große Rolle in Deinen Songs. Als Voyeuristin scheinst Du sehr geübt zu sein. Was gefällt Dir an der Beobachterrolle?

Wenn man nur über sich und seine eigenen Erlebnisse und Emotionen schreiben würde, wäre die Anzahl der Geschichten relativ begrenzt, denke ich. Natürlich schaffe ich mir schon durch die Umzüge immer wieder neue Inspirationen. Aber andere Menschen zu beobachten und zu erleben schafft einfach nochmal andere Perspektiven und Themen. Und die sind immer wieder neu. Das ist ein ganz natürlicher Teil des Songwritings. Im Endeffekt gibt das auf meinen Alben immer eine gute Harmonie zwischen autobiografischen Songs und Stücken, die aus der Beobachterrolle geschrieben sind.

Deine Songs gibt es immer wieder auch in neuen Versionen zu hören - Ende vergangenen Jahres erschien mit „Zwischen den Sekunden - am Piano“ eine Akustikversion Deines Albums. Im Frühjahr hast Du Deine Songs mit dem Streichquartett „Berlin Strings“ live präsentiert. Du scheinst Deine Lieder immer in Bewegung halten zu wollen. Oder entdeckst Du einfach immer wieder neue Perspektiven Deiner Songs, die Dich reizen?

Beides. Das ist ja das Schöne an der Musik, dass sie so veränderbar ist. Ich kann eventuellen „Abnutzungserscheinungen“ immer wieder entgegenwirken und die Lieder durch neue Ideen und Umsetzungen frisch halten. Vor allem aber fordert man sich als Musiker immer wieder auch neu heraus und probiert Dinge, die man vorher noch nie getan hat, wie die Zusammenarbeit mit den „Berlin Strings“ zum Beispiel. Das gefällt mir sehr. Ich brauche die Abwechslung.

Bereits vor Deinem Durchbruch als Solokünstlerin mit „Gold von morgen“ warst Du seit vielen Jahren als Musikerin aktiv, allerdings primär im Hintergrund, beispielsweise als DJane oder Sängerin für Radiojingles. Wie wichtig waren diese Erfahrungen im Nachhinein betrachtet für deine Karriere?

Es hat eine ganze Weile gedauert, die richtigen Leute zu finden, die mich bei der Umsetzung meiner musikalischen Ideen unterstützen konnten. Ich wollte schon immer meine eigenen Songs schreiben und nicht „nur“ Interpretin sein. Das bedeutet allerdings auch meistens, dass der Weg beschwerlicher ist. Ich möchte diese Zeiten aber nicht missen, denn sie waren wichtig, um am Ball zu bleiben, weiter akribisch zu sein und haben mich letztlich zu der Musikerin geformt, die ich heute bin. Hürden können durchaus hilfreich sein, um das Beste aus sich herauszuholen. Talent alleine reicht oft nicht aus.

Vor einigen Jahren hast du deine Heimatstadt Wiesbaden hinter Dir gelassen und bist nach Berlin gegangen. Wie kam es dazu? Berlin ist voller junger aufstrebender Songwriter. Dort ist man zunächst mal nur noch ein Talent unter tausend anderen.

Ich bin nicht nur wegen der Musik damals nach Berlin gegangen, sondern auch der Liebe wegen. Die Motivation war also sehr groß, dorthin zu ziehen. Mittlerweile bin ich allerdings am Überlegen, wieder weiter zu ziehen, was primär mit der Entwicklung der Stadt zu tun hat. Berlin ist leider lange nicht mehr das „Künstler-Dorado“, in das ich vor über zehn Jahren gezogen bin. Damals waren Mieten und die Lebenshaltungskosten gering, es gab jede Menge kleiner, cooler Kellerpartys, alles war ziemlich spontan und auch eine ganze Spur räudiger als heute. Mittlerweile gleicht sich Berlin immer mehr allen anderen Metropolen an: die gleichen Coffeeshops, Modeketten, Einkaufshäuser. Das zieht zwar viel internationales Publikum an, vertreibt aber im Laufe der Zeit leider auch die Kreativen.

Und hast Du mit Deiner alten Heimat abgeschlossen oder immer noch einen Koffer in Wiesbaden?

Auf jeden Fall! Und ich liebe Wiesbaden noch immer. Nur war die Stadt damals, als ich weggezogen bin, bei aller Schönheit immer auch ein bisschen spießig und kulturell war dort auch nicht allzu viel los. Doch das hat sich mittlerweile ja zum Glück sehr zum Positiven verändert. Ich mag meine Stadt, die ist eigen, auch in ihrer Coolness. Die will nicht Berlin sein und das finde ich auch sehr angenehm so. Wiesbaden wird immer meine Heimat bleiben.

Im Herbst bist Du wieder live mit Band unterwegs. Die Nachfrage auf Deinen letzten Tourneen war enorm, viele Konzerte waren vorab ausverkauft. Wie wichtig sind die Konzerte, ist das Live-Spielen für dich?

Enorm wichtig! Der Kontakt, das direkte Feedback der Leute bei den Konzerten bedeutet mir sehr viel. Als Künstler ist man oft viel allein. Songs zu schreiben ist mitunter ein einsamer Prozess, selbst, wenn man in einer Großstadt wie Berlin lebt und arbeitet. Man ist dann mit anderen Künstlern gemeinsam einsam, man trifft sich, tauscht sich aus, aber ansonsten arbeitet jeder für sich alleine vor sich hin. Diese Zeit aber, wenn dann alles fertig ist, Songwriting und Studioarbeiten abgeschlossen sind und man sich vorbereitet, die neuen Lieder auf die Bühne zu bringen, ist ziemlich heftig! Man fragt sich, wie die Leute reagieren werden, ob sie weiter bei Dir sind. Und wenn man dann dieses enorme Feedback bei den ersten Shows einer Tournee erhält, ist das wie ein Rausch, ein Energieschub, den man lange vermisst hat und den man als Künstler auch unbedingt braucht.

Dein Großvater ist als junger Mann in die USA ausgewandert und hat als Jazzpianist in den New Yorker Clubs die Songs von Größen wie George Gershwin oder Dave Brubeck gespielt. Inwiefern hat dein Großvater deine Entwicklung als Musikerin beeinflusst?

Mein Großvater war ein wesentlicher Einfluss für mich. Ich habe als Kind sehr viel Zeit bei meinen Großeltern verbracht. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nie Musikerin geworden. Als er gestorben ist, war ich 13 Jahre alt und habe sehr bald nach seinem Tod angefangen, eigene Songs zu schreiben. Auch wenn ich keine echte Jazzerin bin, hat er mich sehr inspiriert. Manchmal würde ich mir wünschen, dass er meinen weiteren Weg noch hätte miterleben können.

Wie sehen deine Pläne nach der Tour aus? Wie Du bereits erwähnt hast, bist Du schon seit geraumer Zeit an Deinem neuen Inspirationsort fleißig am Songs schreiben. Wann dürfen Deine Fans mit dem neuen Album rechnen?

Im Frühjahr. Wir zwar sind schon mit der Produktion des neuen Albums weitestgehend durch, aber ein bisschen müssen sich die Fans leider noch gedulden. Anfang Oktober wird die erste Single erscheinen und bis zum Release im nächsten Jahr wird es noch einige weitere Songs vorab geben. Und auch dieses Mal bin ich enorm gespannt, wie mein neues „Baby“ angenommen wird.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Infos unter:

www.facebook.com/alexafeserofficial

www.alexafeser.de

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