„Da ist meine alte HipHop-Seele echt aufgeblüht.“

Samy Deluxe & „das DLX Ensemble“ zu Gast in FFM

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©Janick Zebrowski

FRIZZmag: Dein letztes Studioalbum trägt den Titel „Berühmte letzte Worte“, im letzten Jahr kam „SaMTV Unplugged“ raus, das Livealbum zu deinem „MTV Unplugged“ Konzert. Solche Titel und „MTV Unplugged“-Shows erwartet man bei Künstlern eher am Karriereende. Ist das nicht ein bisschen früh? Du bist gerade mal Anfang 40.

Samy Deluxe: So habe ich das erst gar nicht gesehen. Ich mache halt schon ziemlich lange Musik und tatsächlich komme ich mir bei der Geschwindigkeit, mit der heutzutage die Dinge laufen, manchmal echt alt vor. Ich habe im HipHop schon einige Generationen überlebt. Aber im Endeffekt war das „MTV Unplugged“-Konzert für mich schon eine gute Gelegenheit, ein Resümee meiner bisherigen Arbeit als Musiker zu ziehen. Ich schaue eigentlich immer nur nach vorne, daher war das eine schöne Abwechslung, mal zurückzuschauen und mich mit dem zu beschäftigen, was ich bisher auf den Weg gebracht habe. Das „MTV Unplugged“-Konzert von Max Herre war da eine gute Inspiration.

„MTV Unplugged“-Alben sind ja oft auch eine Art „Best of“ Songauswahl der eigenen Karriere. Wie schwer ist dir die Zusammenstellung der Setlist gefallen? Im Laufe der Jahre hast du es auf beachtliche sechs Solo-Alben, zwei mit „Dynamite Deluxe“, zwei gemeinsame mit „Afrob“ als „ASD“ und dann nochmal 6-7 Mixtapes gebracht.

Das Thema Setlist habe ich am längsten vor mir hergeschoben. Irgendwann habe ich mich dann einfach hingesetzt und hatte gleich den richtigen Flow. Ich hatte schnelle eine Liste mit fünfzehn bis zwanzig Songs, bei denen ich ganz sicher war und die restlichen Stücke waren auch schnell gefunden. Ich habe mich durch meine ganzen Lieder gestreamt – das war eine echte Entdeckungsreise. Ich höre mir meine alten Songs in der Regel kaum an. Ich schreibe lieber was Neues, als durchs Gestern zu hören. Das war Neuland, obwohl es nur ums Alte ging.

Die Gästeliste deines „SaMTV Unplugged“-Konzerts liest sich wie das „Who is Who“ der Deutschen HipHop-Szene: „Beginner“, „Eizi Eiz“, „Denyo“, Max Herre, „Afrob“, „Megaloh“, „Kool Savas“, „Patrice“, „Chefket“, „Mo Trip“, „Curse“, „Stieber Twins“, „Eko Fresh“, „Torch“, Xavier Naidoo. Wie funktionierte die Organisation mit so vielen Künstlern? Und wie hat sich das angefühlt?

Das lief erstaunlich einfach. Alle, die ich dabei haben wollte, kamen auch. Keiner hatte abgesagt, das war schon ein Zeichen, dass das Ganze unter einem guten Stern steht. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn oft haben die Kollegen ja auch Termine, die sie nicht verschieben können. War schön zu sehen, dass man sich auf die alle verlassen kann. Und das Konzert war natürlich schon voller emotionaler Momente – „Malaria“ mit den „Stieber Twins“ oder die Nummer mit Max. Da ist meine alte HipHop Seele echt aufgeblüht. Das ist auch echt ein schönes Album geworden, weil es viele Emotionen abdeckt und trotzdem einen roten Faden hat.

A propos „HipHop-History“: HipHop hat sich in den letzten 20 Jahren enorm verändert. Vom einstigen Underground Phänomen zum Massenprodukt. Eine Entwicklung zum Guten oder zum Schlechten?

Ich glaube nicht so an dieses Besser-Schlechter-Ding. Ich denke, das bleibt alles in der Balance, irgendwie. Manches, was früher schlechter lief, funktioniert heute besser und umgekehrt. HipHop ist heute viel besser als früher und HipHop ist heute für’n Arsch. Beiden Thesen würde ich recht geben. Es kommt einfach auf den Blickwinkel an. So ist die Welt eben. Und sie wird immer schneller. Alles dreht sich nur noch um Effekthascherei. Es geht nur noch um Schlagzeilen und Clickrates.

In „Haus am Mehr“, einem Song vom „Berühmte letzte Worte“-Album fragst du dich: "Wie viele Jahre kann ich als Rapper noch relevant sein?" Wie sieht deine Antwort aus?

Die Prognosen sind verdammt sonnig im Moment. Die „SaMTV“-Tour war mit Abstand die erfolgreichste Live-Unternehmung, die ich bis dato unternommen habe. Viele tolle Festivals, wesentlich höhere Gagen aber auch viel mehr Leute, die ich mit auf Tour nehmen und bezahlen muss (lacht). Und dann habe ich mir auch mit der Arbeit als Produzent und Songwriter eine ganz neue Ebene eröffnet, die ebenfalls sehr gut läuft. Nee, ist echt nice alles gerade. Ich habe mehr Optionen als ich nutze.


Vielen Dank für das Gespräch.

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