„Ich bin stolz auf Darmstadt.“

Der Gastronom Nima Ghamari unterstützt Flüchtlinge in Darmstadt.

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© Klaus Mai

Nima Ghamari ist selbst ein Flüchtlingskind und kam vor rund 30 Jahren aus dem Iran nach Darmstadt. Heute ist er Inhaber von zwei persisch-orientalischen Restaurants - dem Djadoo und Shiraz. Er unterstützt Flüchtlinge in Darmstadt und erzählt dem FRIZZ, warum er so begeistert von Darmstadt ist und was man bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik eventuell noch verbessern könnte. 

FRIZZ: Herr Ghamari, wie kamen Sie nach Deutschland?

Nima Ghamari: Ich kam mit 14 Jahren nach Deutschland zur Zeit des Iran-Irak Krieges, in dem über 1 Mio. Menschen umgekommen sind. Da ich mit 15 Jahren nicht mehr aus dem Land gekommen und mit 17 oder 18 Jahren zum Militär eingezogen wäre, haben mich meine Eltern aus Angst, ihr Kind zu verlieren, alleine nach Deutschland geschickt. Es war schrecklich für sie, meine Mutter hat in den ersten Monaten am Telefon nur geweint. Noch heute leben meine Eltern in Teheran. 1988 kam ich in ein Kinderheim in Malchen, mein Abitur machte ich am Schuldorf Bergstraße und studierte vier Semester Bauingenieurweisen. Ich hatte als Asylant keinen Anspruch auf BAföG, sodass ich neben meinem Studium arbeiten musste und es sich dadurch sehr schwierig gestaltet hat. Sechs Jahre habe ich gewartet, bis ich eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten habe. Schließlich lernte ich Koch am Darmstädter Hof in Seeheim. Mein erstes Restaurant Shiraz eröffnete ich 2004 in der Hügelstraße und das Djadoo 2012 im Johannesviertel.  Ich komme aus einer gebildeten und kulturinteressierten Familie, die mir die Basis für meinen Werdegang geschaffen hat.

FRIZZ: Mit welchen Problemen wurden Sie als Flüchtling konfrontiert?

Nima Ghamari: Die Sprache ist ein Problem, außerdem die kulturellen Unterschiede. Zudem kam ich in ein Kinderheim, wo ich zum Teil mit sehr schwierigen deutschen Kindern lebte, die ja meistens nichts dafür können. Oft waren es aber genau die, die man später sehr lieb gewonnen hat.

FRIZZ: Wir haben gehört, dass Sie beim „Dinner in Bunt“ Essen gespendet haben?

Nima Ghamari: Ja, nach dem Motto „Djadoo und Shiraz spenden Essen für ein weltoffenes Darmstadt.“ hatte ich einen Stand und habe 2.000 Essen gespendet. Bis 21.30 Uhr wurden permanent sechs Wärmebehälter mit Essen gefüllt. Im Caritasverband Darmstadt habe ich einen geeigneten Kooperationspartner gefunden, der an unserem Stand noch dazu Spenden in Höhe von rund 1.600 Euro entgegengenommen hat. Damit haben wir erreicht, dass sehr viele Flüchtlinge und arme Leute kostenlos essen konnten und außerdem haben viele andere Menschen freiwillig Geld gespendet, obwohl das Essen ja gratis war. Das „Dinner in Bunt“ am 15. September in der Darmstädter Innenstadt hat gezeigt, dass man unbürokratisch und schnell etwas Gutes bewirken kann. 

FRIZZ: Wie beurteilen Sie die Aktivitäten in Darmstadt?

Nima Ghamari: Ich bin stolz auf Darmstadt und die Darmstädter und finde, dass die ganze Stadt sich wirklich vorbildlich verhält. Behörden, Polizei, das Sozialdezernat, das Deutsche Rote Kreuz, Flüchtlings- und Bürgerbeauftragte etc. haben Hand in Hand gearbeitet. Ich finde es unglaublich toll, wie Darmstadt reagiert hat und was alles unbürokratisch und schnell bewerkstelligt wurde. Auch der Oberbürgermeister Jochen Partsch war oft bei der Flüchtlingsaufnahme dabei und arbeitete an einem Wochenende bis 5.00 Uhr morgens mit. 

FRIZZ: Wie kann man helfen?

Nima Ghamari: Um gezielt helfen zu können, habe ich mich direkt bei der Starkenburg Kaserne registrieren lassen, inzwischen gibt es aber ein Registrierungsportal. Wer ehrenamtlich aktiv werden möchten, kann sich über fluechtlinge@darmstadt.de oder ehrenamt@drk-darmstadt.de registrieren und in die Helferliste aufnehmen lassen. Des Öfteren werde ich von der Stadt angerufen (so auch während des Interviews), um als Übersetzer für die afghanischen Flüchtlinge weiterzuhelfen, die häufig nachts ankommen. Mit meinem Pool an Mitarbeitern kann ich unkompliziert und schnell helfen. Es ist toll, dass es hier solche Einwohner gibt und Darmstadt so freundlich, weltoffen und kulturell gebildet ist. Auch die ehrenamtliche Hilfe ist sensationell.  

FRIZZ: Was könnte noch verbessert werden?

Nima Ghamari: Die Flüchtlinge sollten gleichmäßiger verteilt werden. Dazu kann es keine mathematische Formel geben. Wichtig ist, dass man bei der Verteilung auch die Einwohnerzahlen, die Infrastruktur, finanzielle Lage der Städte miteinbezieht. Durch eine gute Integration und Verteilung der Flüchtlinge könnte eine Getto-Bildung vermieden werden. Die Zuwanderung ist für viele Städte eine Chance: Wenn die Integration gleich am Anfang gut gelingt, könnten fehlende Arbeitskräfte vor allem im Pflegebereich, Handwerk und Dienstleistungen eingesetzt werden. Man müsste die europäischen Länder mehr in die Pflicht nehmen, aber vor allem auch die reichen Handelspartner der Golfstaaten wie Kuwait, Saudi-Arabien, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, die noch viele Möglichkeiten hätten, Flüchtlinge aufzunehmen. Der Schlüssel der Entwicklungspolitik ist „Hilfe zur Selbsthilfe“, damit die Menschen auch in ihren Ländern bleiben können. Die Banken könnten zum Beispiel mit kleinen Krediten von 2.000-5.000 Euro einen Anschub für neue Berufs- und Wirtschaftszweige leisten, wofür spezielle Richtlinien entwickelt werden müssten. Es könnte ein Anreiz sein, dass die Menschen in ihren Ländern bleiben und ein besseres Gleichgewicht entstehen. Auch das fehlende Wasser, fehlende Medikamente usw. sind für viele Menschen heute ein Problem.

FRIZZ: Hätten Sie einen Vorschlag für die Integration der Flüchtlinge?

Nima Ghamari: Die Integration fängt am Anfang an, wenn die Flüchtlingen ankommen - da muss schon die Basis da sein. Wenn die Integration gut gelingt, kann es ein Chance für Deutschland sein. Für eine langfristige Integration könnten die Flüchtlinge zum Beispiel in bestimmten staatlichen, nicht-wirtschaftlichen Bereichen, Vereinen arbeiten, beispielsweise in Krankenhäusern, staatlichen Pflegeeinrichtungen oder zur Instandhaltung von öffentlichen Grünanlagen usw.. Die Maßnahme sollte als eine Art Bonus-System für einen stabileren Aufenthaltsstatus dienen. Das wäre eine Win-win-Situation für alle. Dazu müsste ein System der Bezahlung entwickelt werden, das oberhalb der Sozialhilfe liegt und einen Anreiz gibt - da vertraue ich den Politikern. Mir berichten viele Flüchtlingen, dass sie sehr gerne arbeiten würden - auch, um an Würde zu gewinnen.

FRIZZ: Was wünschen Sie sich?

Nima Ghamari: Das man nachhaltig dabei bleibt und nicht nur hilft, weil es gerade in ist, um langfristig für ein weltoffenes Darmstadt zu sorgen.

www.fluechtlinge-in-darmstadt-willkommen.de

www.freiwilligenzentrum-darmstadt.org

www.darmstadt-bleibt-weltoffen.de

©Shiraz

Shiraz

Dieburger Straße 73, 64287 Darmstadt View Map

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täglich: 11.30 bis 24.00 Uhr

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