„Wie ein D-Zug“

Romano aus Köpenick mischt den deutschen HipHop auf

by

Nein, ein Schubladentyp ist Romano beileibe nicht. Was bereits sein Song „Metalkutte“, der HipHop- und Metal-Fans gleichermaßen begeisterte (und befremdete) erahnen ließ, wurde auf dem aktuellen Album „Jenseits von Köpenick“ zur Gewissheit: Der Berliner Rapper, Produzent und Lebenskünstler sitzt stilistisch zwischen allen Stühlen. Und er scheint sich da ungemein wohl zu fühlen. Im März kommt der „schöne General“ live in die Centralstation.

FRIZZ: Dein Song „Metalkutte“ kam im Frühjahr des vergangenen Jahres quasi aus dem Nichts und wurde über Nacht ein Hit. Der Clip zum Song wurde über 100.000 mal angeschaut - in nicht mal 24 Stunden. Das nachfolgende Album „Jenseits von Köpenick“ läuft ebenfalls super, seit dem Release bist Du in aller Munde und konstant auf Tour! Wie hast Du diese letzten 12 Monate erlebt? Hat Dich der große Erfolg überrascht?

Romano: Ja, schon. Ich mache ja schon seit vielen Jahren Musik und habe mich in diversen Spielarten ausprobiert. Der Romano ist gemeinsam mit ein paar Freunden entstanden. Zuerst gab es da vor drei Jahren das Video zu „Ichty / Cornerboy“, das Siriusmo und Jakob Grunert bei mir in Köpenick gedreht hatten und das meinen Alltag dokumentiert. Mit Jakob und meinem alten Freund Moritz habe ich dann im- mer mehr Ideen ausgetauscht. Die beiden haben Mu- sik geschrieben, ich habe Texte angeschleppt und irgendwann war „Metalkutte“ da. Und es war schon überraschend, wie das durch die Decke gegangen ist. Schon ein paar Tage nach der Veröffentlichung der Nummer stand der „Metal Hammer“ auf der Matte und wollte ein Interview mit mir. Das war super, da ist ein kleiner Traum von mir in Erfüllung gegangen. Danach ging alles Schlag auf Schlag, wie ein D-Zug. Ich bin total glücklich, dass ich endlich einfach nur noch das machen kann, was ich will: Musik!

FRIZZ: Ein Newcomer bist Du ja nicht unbedingt. Du gehst auf die 40 zu und hast eine sehr bunte musikalische Vergangenheit - von Rap und Crossover, über Drum’n’Bass und Dance bis zum Schlager hast Du so ziemlich alles aus- probiert. Woher kommt diese Rastlosigkeit?

Ist das Unentschlossenheit oder bist Du einfach immer auf der Suche? Du bist ein Kind der Wende – zu dieser Zeit war musikalisch enorm viel in Bewegung.

Romano: Auf jeden Fall! Vor allem die Techno-Szene hat mich ziemlich eingenommen damals. Gerade in Berlin war das zu Beginn der 90er Jahre ganz extrem. Man hatte das Gefühl, dass in jedem Kellerloch ein neuer Club aufmacht. Dieser anarchische, rebellische Charakter, den Berlin als geteilte Stadt, die gerade am Zusammenwachsen war, hatte... das hatte was. Da war so eine krasse Energie! Diese Zeit hat mich ziemlich geprägt, glaube ich. Seither steckt diese Neugier in mir. Ich bin einfach am Leben interessiert und möchte wissen, wie die Dinge funktionieren und mich nicht begrenzen lassen. Mich macht einfach so viel an. Deswegen habe ich auch musikalisch so vieles ausprobiert. Nicht, um anderen zu gefallen, sondern um einfach Grenzen auszuloten.

FRIZZ: Dein Album fasst all diese unterschiedlichen Erfahrungen und Einüsse zusammen. Es scheint, dass in Deiner jetzigen Inkarnation als Romano das Puzzle langsam ein Bild ergibt. Wie siehst Du das?

Romano: Sehe ich ebenso. Wichtig war mir vor allem, dass ich während der gesamten Produktion die größtmögliche Kontrolle hat- te, damit ich am Ende sagen konnte: „Genau so wollte ich das haben!“ Ich habe da ein schönes Bild: Wenn jedes Musikgenre, das mich begeistert hat, ein kleines Schiff ist, sind da über die Jahre einige zusammengekommen. Auf dem Album sind die jetzt alle im Romano-Hafen angekommen und feiern da große Parade.

FRIZZ: Mit „Metalkutte“ hast Du Dir nicht nur Freunde gemacht. Metal Fans gelten als recht dogmatisch, dementsprechend unentspannt haben Teile der Szene auf Deine vermeintliche „Anbiederei“ reagiert. Auch Jan Delay ist bei dem Versuch, bei den Wacken Leuten zu punkten gescheitert. Wie reagierst Du auf solche Anfeindungen?

Romano: “Metalkutte” hat seinen Erfolg ja auch sehr den sozialen Medien zu verdanken, an- dererseits kann das Virale auch in die umgekehrte Richtung funktionieren, sodass alles kommentiert wird und man natürlich auch negative Stimmen hört, die man ohne Internet gar nicht mitbekommen hätte. Ich mag einfach Metal und weiß, wie der Song entstanden ist. Der ist absolut authentisch. Und wenn’s authentisch ist, muss man es auch aushalten können, wenn da ein paar Leute Eier werfen. Man kann eben nicht allen gefallen. Meine Songs sind ein- fach ein künstlerisches Angebot an die Leute, auch mal über den Tellerrand zu schauen. Was mich glücklich macht, ist was ich bei den Auf- tritten sehe: Da sind Metalheads, HipHopper, Gothic-Mädchen, Familienväter mit ihren Kids. Das ist eine total bunte Mischung!

FRIZZ: „Brenn die Bank ab“ hast Du als nächste Single veröffentlicht. War der Song als Reaktion auf „Metalkutte“ gedacht? Damit die Leute kapieren, dass Du auch eine Message hast?

Romano: Viele Leute haben nach “Metalkutte“ anscheinend gedacht, dass der Blackmetal-Rapper als nächstes einen Song über seine „Metalboots“ oder so macht. Das Album ist aber eine Wanderung durch viele Gebiete und „Metalkutte“ eben nur eines davon. Und „Brenn die Bank ab“ wiederum ein anderes. Ausschlag für den Song war Köpenick. Da bin ich zuhause und dort ist es eigentlich sehr entspannt und schön. Aber auch dort sieht man immer öfter Omis, die Pfandflaschen aus Mülltonnen klauben müssen. Das hat mich ziemlich aufgeregt, denn ich merke einfach, dass die Schere zwischen arm und reich einfach immer größer wird und die Mitte, der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, immer mehr verloren geht, während die Banken mit Unsummen von Steuergeldern gerettet werden. Darüber wollte ich einfach einen Song machen und habe ihn ganz plakativ „Brenn die Bank ab“ genannt. Ich bin eigentlich jemand, der die Welt eher mit einem Augenzwinkern beschreibt, aber ich möchte auch Tiefe zeigen dürfen. Und bei einem Song wie „Brenn die Bank ab“ ist einfach nichts lustig.

FRIZZ: Romano, MC Ramon, Cornerboy, Left Coast, Dayton the Fox sind allesamt Pseudonyme von Dir. Du liebst das Spiel mit Identitäten. In einem Clip sieht man Dich beim Neujahrsempfang in Köpenick mit dem legendären Hauptmann von Köpenick, dem Schumacher Wilhelm Voigt, der erst durch die Annahme ei- ner anderen Identität respektiert wird. Du selbst wirst gerne als „General von Köpenick“ bezeichnet. Inwieweit hat Dich der Hauptmann von Köpenick inspiriert? Was gibt uns diese Figur aus der Kaiserzeit heute noch mit?

Romano: Für uns Köpenicker ist der Hauptmann ja so eine Art Urbegriff. Ich finde die Geschichte nach wie vor sehr faszinierend. Jede Gesellschaft hat ihre Regeln und Hierarchien, an die sich jeder zu halten hat. Und genau damit spielt der Hauptmann, indem er diesen ganzen Regelgehorsam auf die Spitze treibt und damit komplett ins Absurde zieht. Er zeigt einfach der Gesellschaft ihre Schwächen auf. Eine faszinierende Figur bis heute. Für mich ist das ein Homie, ein Partner in crime. Ich weiß allerdings nicht, in wieweit ich dem Hauptmann ähnlich bin. Der „schöne General“, den Du ja auch angesprochen hast, ist mehr durch Erlebnisse in meiner Kindheit inspiriert. Mein Vater war damals Pyrotechniker und Requisiteur beim deutschen Fernsehfunk der damaligen DDR. Dadurch hatte ich schon als Kind Zugang zu den unterschiedlichsten Klamotten und habe mich in der Requisite immer gerne mal verkleidet, zum Beispiel auch als General. Das war für mich ein Traumland. „Der schöne General“ ist für mich in gewisser Weise ein Grenzgänger, der einerseits dieses Militärisch-Disziplinierte ausstrahlt aber andererseits auch den schönen Dingen des Lebens zugewandt ist.

FRIZZ: Köpenick, wo Du aufgewachsen bist und auch heute noch lebst scheint einen großen Einfluss auf Dich zu haben. Du hast Dein Album diesem bislang eher ignorierten Stadtteil Berlins gewidmet. Was bedeutet Köpenick für Dich?

Romano: Sehr viel. Köpenick ist wie mein Wohnzimmer. Die Leute hier sind einfach sehr geerdet, nichts ist hier abgehoben oder so. Gestern hat mich ein Freund besucht und wir waren gemeinsam was Essen und der war auch ganz erstaunt, wie unaufgeregt die Leute hier sind. Andernorts mag es trendy oder chic sein, aber nicht in Köpenick, das braucht hier niemand. Ein wunderbarer Ort zum Runterkommen!

FRIZZ: Du bist Sänger, Produzent, Entertainer, gelernter Mediengestalter, Lebenskünstler – um welche Begriffe lässt sich diese Liste fortsetzen? Wie würdest Du Dich selbst bezeichnen?

Romano: Da trifft es die Zeile im „schönen General“ schon ganz gut: Charmant, dominant, markant. Die drei Begriffe beschreiben mich ganz gut, denke ich. Und wo die Kunst mich noch hintreibt, da bin ich selbst mal gespannt. Ich bleibe auf jeden Fall auf Empfang und bin immer offen für Neues!

FRIZZ: Vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Infos:

www.romanomusik.de

www.facebook.com/romanomusik 


Centralstation Darmstadt

Back to topbutton