Wie kann man nur so bekloppt seinen Urlaub planen, sagt mein Vater. Wieso, frag ich, ich bin doch noch den ganzen Juli da, Heinerfest, Endspiel Frauen-WM, ich kann überall dabei sein, ich könnte sogar mit Mama an die Grube … Vorausgesetzt, sagt meine Mutter, ich wollte das, aber ich will es nicht. Häschen an der Grube, singt mein Vater und grinst. Fürchtest du etwa Konkurrenz, frag ich. Ihr nervt, sagt meine Mutter. Du hast reichlich wenig Familiensinn, sagt mein Vater. Die Grube bleibt meine familienfreie Zone, sagt meine Mutter, basta.
So grün und doch ein bisschen wie Gabriel, sagt mein Vater, das lässt ja für den Wahlkampf hoffen. Wieso wie Gabriel, frag ich, figürlich ja wohl nicht. Noch traut sie sich ja an die Grube, sagt mein Vater. Du bist gemein, sag ich. Also was dann, faucht meine Mutter. Machtworte statt Mitbestimmung, sagt mein Vater. Tja, sagt meine Mutter, erst Maut, dann Vorratsdatenspeicherung, eure innerparteiliche Demokratie leidet wohl sehr unter den Bastas des dicken Vizekanzlers der GroKo. Große Kotz-Liaison, sag ich. So ähnlich, sagt mein Vater, muss ich leider zugeben. Er läutert sich doch, sagt meine Mutter und verdreht die Augen.
Warst du nicht mal Flughafengegnerin, fragt mein Vater, bevor euer Tarek al Groß-Wazir … Lass gut sein, Papa, sag ich, Regieren ist eben wie Olympia. Plumper Überleitungsversuch, sagt mein Vater. Du meinst, weil wir zwei Fußballmannschaften in Brasilien dabei haben? Etwa nicht, fragt mein Vater. Doch, nein, sag ich, ich meinte: dabei sein ist alles, aber in der Politik, also an der Macht. Das kann man so nicht sagen, sagt meine Mutter, wir … Schon gut, Mama, sag ich, ich hab jetzt keinen Bock auf Vorwahlkampf. Die Maut gibts ja erst mal nicht und vielleicht kassiert irgendein Gericht auch noch dieses maßgeschneiderte Schnüffelgesetz … Da haben wir Grünen eine klare Position, sagt meine Mutter. Op-Position, sag ich, da ist das keine Kunst. Genau, sagt mein Vater.
Wenn euer dicker Erzengel bei TTIP nicht bald Vernunft annimmt, sagt meine Mutter, ists 2017 vorbei mit Dabeisein. Siechmars Siechtum, sag ich, die SPD unter 20%. So wie schon 2016 nach der Kommunalwahl, sagt meine Mutter. Wenn du dich da mal nicht täuschst, sagt mein Vater, viele Darmstädter sind enttäuscht von Grün-Schwarz, und der Fukushima-Effekt ist auch verpufft, das wird alles noch spannend, erst recht bei der OB-Wahl.
So spannend, dass ich mir die Nägel feilen werde bei der Auszählung, sag ich, unsre Diskussion hat gerade Sommerloch-Niveau. Ein leiser Anflug von Arroganz, sagt mein Vater und schaut zu meiner Mutter rüber. Die nickt. Ich schreib für das FRIZZ, sag ich, nicht für die Gala, wir haben anspruchsvolle Leser. Schade, sagt mein Vater, ein bisschen Boulevard statt kommunal, das wärs doch: Becker will Brite werden oder James Last und Dracula sind tot. Wir wärs, fragt meine Mutter, mit Katzen sind der größte Kostenfaktor im Tierheim. Ein echter Reißer, sag ich. Eben, sagt sie.
Philae meldet sich wieder, würden sie das kapieren, fragt mein Vater. Logo, sag ich, Das Schweigen der Belämmerten auch. Ich aber nicht, sagt mein Vater, was soll das sein? Das Staatstheatertheater, sagt meine Mutter. Sehr klug, sag ich, Theater ist immer gut, egal wo. Und Fußball geht auch immer. Wir Frauen werden Weltmeister, sagt meine Mutter. Von mir aus, sag ich, aber noch besser geht alles, was mit den Lilien zu tun hat.
Womit wir wieder bei deiner Urlaubsplanung wären, sagt mein Vater, wie kann man nur den ganzen August in den Urlaub fahren. Wieso nicht, frag ich. Na, sagt er, dabei sein wäre alles. Wo dabei, frag ich. Das fragst du noch, sagt mein Vater, Saisonauftakt 1. Bundesliga, Megahype, 17.000 am Bölle, Sieg gegen … Träum weiter, sag ich. Nicht träumen, sagt mein Vater, genießen, wir müssen dieses Jahr genießen, jedes Spiel, wer weiß, wie lange wir dabei sind. Ich will, sag ich, diesmal eben halt mal Urlaub genießen. Wer, fragt meine Mutter plötzlich, ist eigentlich bei deinem Urlaub alles dabei?