Weihnachten kommt jedes Jahr plötzlich und unerwartet. Den Spruch hab ich früher überhaupt nicht verstanden. Weil ich mich ab der ersten Kalendertür total auf die Bescherung gefreut habe. Nix mit Stress, höchstens Langeweile beim Warten auf das Christkind. Jetzt ist das total anders. Geschenke, Geschenke und noch mal Geschenke besorgen. Und keine Ahnung welche. Besonders für die Familie. Irgendwie solls ja auch originell sein. Und nur was basteln geht ja auch nicht mehr. Also brauch ich Kohle. Ich hab eigentlich immer zu wenig Kohle. Ich will Weihnachtsgeld, sag ich.
Weihnachtsgeld gibts schon lange nicht mehr, sagt mein Vater. Heißt das, dass ich nix kriege, frag ich. Das hab ich nicht gesagt, sagt mein Vater, Weihnachten ist ja das Fest der Barmherzigkeit und ich hatte dieses Jahr ziemlich gute Einnahmen. Und ich hab, sag ich, leider immer ein notorisches Einnahmeproblem. Du hast, sagt meine Mutter, ein massives Ausgabeproblem. Erinnert mich irgendwie an Haushaltsdebatten im Stadtparlament, sagt mein Vater, nur mit vertauschten Rollen. Genau, sag ich, ich lass mich nicht kaputt sparen. Was soll denn der Spruch, sagt meine Mutter.
Originalzitat deines grün-schwarzen Kämmerers, sag ich. Originalzitat SPD, als sie noch dran war, sagt mein Vater, ihr seht, es hat sich nix geändert. Von wegen, sagt meine Mutter, die Haushaltskonsolidierung geht voran, 5 Millionen Ausgaben weniger für 2013. Geplant, sagt mein Vater, und keine Kunst, nach dem Grün-Schwarz 2012 erst mal 14 Mios Ausgaben drauf gelegt hat, sind also immer noch 9 Mios mehr als zu besten SPD-Zeiten. Aber das Defizit sinkt auf 33 Millionen, sagt meine Mutter. Geschenkt, sagt mein Vater, Einnahmen sind konjunkturabhängig und schwanken, das kann ganz schnell einbrechen, wie 2011 um 50 Mios. Da ist die ganze Herrlichkeit dann schnell vorbei. Wenn das stimmt, sag ich, dann hat sich ja wirklich gar nix geändert. Ja, sagt mein Vater. Nein, sagt meine Mutter. Faktencheck, sagt mein Vater und kramt eine Grafik raus, die er aus dem Echo ausgeschnitten hat.
Wieso steht Grün-Schwarz dann so gut da in der Öffentlichkeit, frag ich. Transparenz und Bürgerbeteiligung, sagt meine Mutter. Klientelpolitik, sagt mein Vater. Vielleicht, sag ich, hat das ja auch mit Glaube zu tun. Wie meinst du denn das, fragt mein Vater. Na ja, sag ich, irgendwie die Hoffnung, dass so ein Regierungswechsel was nützt. Der hat was genützt, sagt meine Mutter, die Darmstädter lieben ihre Stadt. Du meinst, sagt mein Vater, du liebst deinen OB. Und ich, sag ich, liebe alle, die nicht kaputt sparen wollen.
Du kriegst ja dein Weihnachtsgeld, sagt mein Vater. In der Hoffnung, sagt meine Mutter, dass du irgendwann mal mit deinem Geld auskommst. Ich hoffe auch, sag ich, dass ich irgendwann mal kein Einnahmeproblem mehr habe. Ich sagte es schon, sagt meine Mutter, ich hab eher ein Problem mit deinen Ausgaben. Klingt schon wieder nach Haushaltsdebatte, sagt mein Vater. Mama, sag ich, wo bitte soll ich kürzen? Das geht, sagt mein Vater, nur bei den freiwilligen Leistungen. O.k., sag ich, Weihnachtgeschenke sind ja wohl keine freiwilligen Leistungen.
Ich würde dieses Jahr am liebsten auf das ganze Weihnachtsgedöns verzichten, sagt meine Mutter. Das kannst du deiner Mutter nicht antun, sagt mein Vater. Ich rede nicht vom Heiligabend, sagt meine Mutter, sondern von den Feiertagen. Das kann ich wiederum meiner Mutter nicht antun, sagt mein Vater, und wenigstens einmal im Jahr will ich mit meinen alten Kumpels feiern. Ich bleibe diesmal nicht über Nacht, sagt meine Mutter. Ich fahr mit dir zurück, sag ich. Damit hab ich null Probleme, sagt mein Vater. Mama, sag ich, ich weiß schon, was wir dann machen.
Ich hab da nämlich so ne Ahnung, dass sie gerne mal in die Centralstation tanzen gehen würde. Nur, alleine traut sie sich nicht. Aber wenn ich mitgehe vielleicht doch. Mutter und Tochter, wär doch cool. Ein Geschenk hätte ich dann auch schon. Und freuen auf Weihnachten könnt ich mich auch endlich mal wieder.