
©Thea Nivea
Thea Nivea Glosse
Thea Nivea
Hi, ich bin Thea Nivea. Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de
Habt ihr auch schon Wahl-O-Mat gemacht, frag ich. Klar, sagt mein Vater. Ich auch, sagt meine Mutter. Und, frag ich, wie viel Übereinstimmung habt ihr mit eurer Stammpartei? Was heißt hier Stammpartei, sagt mein Vater. Komm, sag ich, du hast doch meistens SPD gewählt. Also gut, sagt mein Vater, knapp 70 %. Immerhin, sagt meine Mutter, meine Wahl-O-Mat-Übereinstimmung mit den Grünen liegt gerade mal bei knapp 60 %. Und ich, sag ich, müsste eigentlich die Tierschutzpartei wählen, 89 % Gemeinsamkeiten. Das ist ja lustig, sagt meine Mutter. Ein kleiner Wahl-Appetizer, sag ich, der Wahl-O-Mat. Überraschungen inklusive, sagt mein Vater, ich müsste nämlich die Linke wählen, knapp 90 % Übereinstimmung, und dann kommt bei mir DIE PARTEI. Diese Spaßvögel, sagt meine Mutter, haben, mal ernsthaft betrachtet, gar keine so schlechten Ansichten. Aber als Ernstvögel, sag ich, würden sie komplett unterm Radar fliegen. Und sie haben komplett coole Plakate, sagt mein Vater, mein Lieblingsplakat ist: SCHLIMM! Wie schlimm, fragt meine Mutter. Einfach nur SCHLIMM!, sagt mein Vater, sonst nix. Sie bringens halt satirisch auf den Punkt, sag ich, wobei die Realität manchmal viel krasser ist. Erzähl, sagt meine Mutter. Neulich, sag ich, im Biergarten … Gibt das ne neue Spaßrubrik im FRIZZ, unterbricht mich mein Vater. Nee, sag ich, dazu ist es zu ernst. Also, neulich im Biergarten mit meinen Mädels, da saßen am Nachbartisch drei Typen, so Otto Normalbürger nach dem dritten Bier … Die Sorte, sagt mein Vater: Do hogge die, die immer do hogge. So ähnlich, sag ich, jedenfalls sagt plötzlich der eine wie aus heiterem Himmel … War das neulich, fragt meine Mutter, als es noch mal so heiß war? Ja, Mama, sag ich. An dem Abend, sagt meine Mutter, waren wir nach dem Yoga auch im Biergarten, wir hatten alle richtig Appetit auf ein Bier. Interessant, sagt mein Vater, trotzdem würde mich interessieren, wie es weiterging, heiterer Himmel hin oder her. Gut, sag ich, also der eine sagte: Also, ich wähl die AfD, die sinn besser als die Griene. Nicht dein Ernst, sagt meine Mutter. Meiner nicht, sag ich, aber seiner offenbar schon. Und dann, fragt mein Vater. Der Typ gegenüber, sag ich, sagte dann: Stopp, mer hadde ausgemacht, dass mer hier net iwwer Bolidig redde. Was vielleicht auch besser gewesen wäre, sagt mein Mutter. Jedenfalls, sag ich, meinte der Dritte im Bunde: Also, Momende mol, des indressiert mich jetzt awwer schon, was hostn gäje die Griene? Ich bin gespannt, sagt mein Vater, was jetzt kommt. Ich erst, sagt meine Mutter. Es kam, sag ich: Die Griene, des iss e ganz schlächt Baddei. Volkes Mund tut Wahrheit kund, sagt mein Vater. Das ist geschmacklos, sagt meine Mutter. Genau, sag ich, ich zitiere: Jetzt isses dann awwer guud mit de Bolidig. Ich kann mir vorstellen, sagt mein Vater, dass es genau so war. Es war genau so, sag ich. Schlimm, sagt meine Mutter. Sag ich doch, sagt mein Vater. Wählt Bijan Kaffenberger, er ist sehr gut!, sag ich, mehr Begründung brauchts nicht, nach der Erfahrung. Stimmt, sagt mein Vater, ist aber leider kein SPD-Plakat. Trotzdem wird er es wieder, sagt meine Mutter. Bemerkenswerte Aussage für ne Grüne, sag ich. Genau so, sagt meine Mutter, wie es Hilde Förster im Norden wieder wird. Da halte ich dagegen, sag ich. Ich auch, sagt mein Vater, da wirds Anne Marquardt. Dann schmeißt Bijan ein Fass Freibier im Grohe, sag ich, hat er versprochen. Na dann, sagt meine Mutter. Ich glaub aber eher nicht dran, sag ich, mein Tipp ist Hartwig Jourdan. Wieso der denn, fragt mein Vater. Die beiden Frauen wildern im gleichen Klientel, sag ich, und der Bauer mit den blauen Augen räumt ab. Gut, sagt mein Vater, wetten wir? Aufn Bier und ne Bratwurst beim Salm, sag ich. Wenn ich gewinne, sagt meine Mutter, gehn wir zum Oberfeld. Sag ich doch, sag ich. Solidarität mit den einheimischen Bratwurstbruzzlern, skandiert mein Vater. Dann lass uns doch gleich gehen, sag ich, Wahl-O-Mat machen macht Appetit auf Wildschweinbratwurst.