Malena Todt wurde kürzlich als eine von zwei hessischen Kommunalpolitikerinnen mit dem Helene-Weber-Preis für ihr politisches Engagement ausgezeichnet. Im Interview erzählt die 30-Jährige wie sie zur Politik kam, warum ihr die Gleichstellung von Frauen so wichtig ist, welche Pläne sie für Darmstadt hat und wie sie es schafft, Baby, Beruf und ehrenamtliches politisches Engagement unter einen Hut zu bekommen und warum sie schlussendlich letzten Herbst den Fraktionsvorsitz in Darmstadt doch aufgegeben hat. FRIZZmag: Zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung. Der Helene-Weber-Preiswürdigt Frauen, die sich herausragend kommunalpolitisch engagieren. Das tun Sie als Stadtverordnete und Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses. Besonders setzen sie sich für Frauen- und Finanzpolitik ein. Wie kamen Sie zur Politik? Malena Todt: Politisch sozialisiert wurde ich schon im Elternhaus. Mein Vater ist Kurt Todt und in der Politik aktiv, seit ich denken kann. Jahrelang war er in meiner Heimat Hachenburg im Westerwald der einzige Grüne im Stadtrat. Auch zur aktuellen Kommunalwahl tritt er wieder an. Meine Mutter ist zwar nicht in der Partei, engagiert sich aber auch politisch und arbeitet u.a. ehrenamtlich im Kinderschutzbund. Bei uns war es immer normal, dass morgens die Tageszeitung gelesen und über das aktuelle Weltgeschehen diskutiert wurde. Ausschlaggebend für mich den Grünen beizutreten war die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011. Damals war ich 17 Jahre alt und wollte mich für einen Ausstieg aus der Atomenergie einsetzen. Deswegen bin ich Parteimitglied geworden und habe auch relativ schnell für eine Kommunalwahl kandidiert. Auch wenn es nicht aussichtsreich war, da ich damals schon wusste, dass ich zum Studieren nach Frankfurt ziehen will, war das eine positive Erfahrung – ich bin einige Plätze nach oben gewählt worden. Das war ein motivierendes Zeichen. Und der Anfang Ihrer politischen Karriere? Wie ging es denn dann weiter? Malena Todt: Mit klassischer Hochschulpolitik. Während meines Studiums - ich habe Jura in Frankfurt studiert - war ich Präsidentin im Studienparlament bei der Grünen Hochschulgruppe. Dadurch bin ich zur Grünen Jugend gekommen und war hier in Hessen Landessprecherin. 2019 bin ich dann nach meinem ersten Staatsexamen der Liebe wegen nach Darmstadt gezogen, mein Mann ist der Bundestagsabgeordnete Philip Krämer. Ich bin also Wahl Darmstädterin. Wie hat ihr politischer Einstieg in Darmstadt geklappt? Ich möchte betonen, dass ich hier in Darmstadt bei den Grünen super offen und unterstützendaufgenommen worden bin. Es war von Anfang an klar, dass ich hier in die Kommunalpolitik gehen will, daher habe ich 2019 direkt als Beisitzerin im Kreisvorstand kandidiert und 2021 für die Kommunal Wahl. Damit ging dann alles ganz schnell, ich wurde Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses und hatte plötzlich viel Verantwortung. Als feststand, dass Hildegard Förster-Heldmann nur noch ein Jahr Fraktionsvorsitzende bleiben will, konnte ich mir gut vorstellen, den Vorsitz mit Andreas Ewald zu übernehmen. Als ich die Position schließlich bekam, war ich allerdings schon im vierten Monat schwanger und wusste: Das wird tough. Als Stadtverordnete haben sie sich unter anderem für die Frauenpolitik, die bessere Vernetzung von Eltern in der Kommunalpolitik und mehr Repräsentation von Frauen auf allen Entscheidungsebenen eingesetzt. Warum liegen Ihnen diese Themen am Herzen? Weil es einfach Zeit ist, dass der politische Slogan „Die Hälfte der Macht den Frauen!“ endlich Realität wird. Dabei geht es nicht darum, anderen etwas wegzunehmen, sondern dass allen die gleichen Chancen, die gleichen Rechte und gleichen Freiheiten zu Teil werden. In der Kommunalpolitik können wir außerdem das Phänomen beobachten, dass Frauen oft noch während der Ausbildung oder des Studiums in den Parlamenten zu finden sind – und dann erst wieder, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Hier müssen wir uns die bestehenden Strukturen genau anschauen und gemeinsam daran arbeiten, dass Menschen mit Mehrfachbelastungen wie z.B. Beruf und Elternschaft oder Pflegefällen, dauerhaft in der Kommunalpolitik engagiert bleiben können. Im November 2023 haben Sie die Reißleine gezogen und den Vorsitz der Grünen-Fraktion wieder abgegeben. Was hat letztendlich zu dieser Entscheidung geführt? Als ich den Fraktionsvorsitz im Frühjahr 2022 übernommen habe, war mein Ziel natürlich, mein kommunalpolitisches Engagement genauso fortzuführen. In der Retroperspektive war ich da vielleicht auch etwas zu naiv – vielleicht kann man aber auch einfach vorher nicht absehen, was es jeweils für einen bedeutet, Mutter zu werden, das ist eben sehr individuell. Ende August 2022 kam dann mein Kind zur Welt. Mein Mann ist als Bundestagsabgeordneter natürlich beruflich sehr stark gefordert und viel in Berlin. Wir haben in Darmstadt die meisten langen Sitzungen in den Abendstunden, wir nennen uns ja gerne auch selbst „Feierabendparlament“. Das passt zumindest für meine Situation bis heute nicht gut mit den Bedürfnissen meiner Tochter zusammen. Hinzu kommt, dass mit dem Fraktionsvorsitz nicht nur viele Termine verbunden sind, sondern auch Verantwortung, zum Beispiel für die Mitarbeiter*innen. Irgendwann war ich an einem Punkt, da konnte ich den ganzen Aufgaben nicht mehr gerecht werden, mir ging es körperlich und psychisch mit der Gesamtsituation nicht mehr gut. Da war es dann die richtige, wenn auch sehr schwere, Entscheidung zu sagen: es muss sich was ändern. Wie geht es für Sie politisch in Darmstadt weiter? Haben Sie schon Pläne für die Zukunft, auch mit Kind? Ja. Mittlerweile ist es einfacher, dass meine Tochter von meinem Mann oder von einer ihrer Omas betreut wird, außerdem geht sie ab Juli in die Kita. Auch wenn ich dann wieder anfange zu arbeiten, möchte ich mich politisch wieder stärker einbringen. Ich sehe diesen Herbst nach der politischen Sommerpause innerhalb der Wahlperiode als einen neuen Anfang für mich. Frauenpolitik ist das eine, aber ich möchte, auch in meiner Rolle als Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses, auch stärker in das Finanzen-und Wirtschaftsthema reingehen. Ich glaube, nicht nur aber insbesondere in angespannten Haushaltslagen spielt hier sehr viel Musik. Aus meiner Sicht ist es gerade auf kommunaler Ebene wichtig, dass alle demokratischen Kräfte das Wohl der Stadt im Blick haben und an einem nachhaltigen Haushalt arbeiten. Damit meine ich nicht nur, dass wir natürlich weiter Bausteine für ein klimaneutrales Darmstadt wie Solar- oder Photovoltaikanlagen auf öffentliche Gebäuden und Neubauten im Haushalt hinterlegen. Im Fokus muss ein Haushalt stehen, der sich Ausgeglichenheit, Generationen- und Chancengerechtigkeit, den Abbau sozialer Härten und die sozial-ökologische Transformation als Leitlinien setzt.
malena_todt.vita
*1994 in Hachenburg, Westerwald, Jurastudium Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main,1. Staatsexamen 2019 und 2. Staatsexamen 2021,seit 2021 Wissenschaftliche Mitarbeiterin lebt in Darmstadt und ist Mutter einer Tochter.