
© Klaus Mai
Best-Of-Poetry-Slam auf Burg Frankenstein
Die 1993 in Bensheim geborene Poetry-Slammerin Jule Weber ist neue Darmstädter Turmschreiberin. Alle zwei Jahre wird das mit 5000 Euro dotierte Literaturstipendium vom Förderkreis Hochzeitsturm vergeben.
Hazel Brugger nannte die Kunstgattung einmal die „Paralympics der Literatur“. Weil’s keine Sau interessiert, „nur die eigenen Eltern“. Brugger lancierte die Vorbehalte als Provokation inmitten ihres eigenen Poetry-Slam-Vortrags. Der Witz funktionierte nur, weil es schon damals nicht stimmte: Poetry Slam hat längst eine ganz neue Künstlergeneration hervorgebracht und viele traditionelle Autoren entscheidend beeinflusst. Für manchen war der Poetry Slam das Sprungbrett zu einer Karriere.
Wortakrobatik, Wortwitz, Nachdenkliches, Lyrisches und allerlei Auf-den-Punkt-Gebrachtes in Versmaß: Poetry Slam hat die Poesie wieder cool gemacht. Die Sprache lebt von Witz und Tiefsinnigen, vom Leichten und Schweren, vom direkten Humor, dem Überraschenden, von Versformen und Weisheiten rund um den Alltag der Protagonisten. Vieles wirkt improvisiert, fragil, als wäre es augenblicklich im Kopf entstanden. Die Freiheit in der Rede schafft eine besondere Atmosphäre, den Charme des Unfertigen: Authentizität wird kaum glaubwürdiger transportiert als beim zeitgemäßen Dichterwettstreit.
Moderiert wird der Abend am westlichen Rand des Odenwaldes von Tilman Döring, einem der hier zu Lande wohl bekanntesten Poetry-Slammern, der zusammen mit Stefan Dörsing unter dem Label “HausmacherArt-Events“ die Veranstaltungsreihe „Poetry Slam Champions“ erstmals 2016 promotete und mittlerweile bundesweit etabliert hat. Döring ist in Leipzig als Sohn eines Schriftstellers geboren und begeistert sich seit jeher für kreatives Schreiben und Filmwissenschaft. Er hat Kulturjournalismus und Medien studiert und arbeitet als freiberuflicher Web-Designer und im Bereich PR und Booking.
Wortsportakrobatik vor Sonnenuntergangs-Kulisse
Zu der Best-of-Poetry-Spezialausgabe auf Burg Frankenstein hat der umtriebige Kulturkommunikator für den 11. August gestandene Champions geladen, die die Siegerkrone mit lautmalerischer Wortsportakrobatik vor einer hoffentlich beeindruckenden Sonnenuntergangs-Kulisse ausfechten werden. Mit GAX, Matti Linke und Aileen Schneider stehen bewährte literarische Kräfte an der Rampe, die ihre Reputation allesamt über die legendären „Krone Slams“ erlangten und nun ausgerechnet gegen die neue Darmstädter Turmschreiberin Jule Weber antreten müssen.
Die gebürtige Bensheimerin und Wahl-Bochumerin moderierte noch bis Anfang des Jahres selbst den Spoken-Word-Contest in der Darmstädter Kultur-Kaschemme. Auf eine mögliche Leseschwäche Webers, infolge von Höhenangst über der Eberstädter Gemarkung, braucht deren Konkurrenz indessen nicht zu hoffen. Mit dem Titel und dem Arbeitsstipendium sind für die junge Frau regelmäßige Lesungen im Fürstenzimmer des Hochzeitsturms verbunden - hoch über den Dächern von Darmstadt.
Seit jeher ist die Burg Frankenstein Besuchermagnet für Wander- und Naturfreunde aus Südhessen und erfreut in jüngster Zeit auch die Herzen von Kulturfans aus der ganzen Region. Denn neben dem traditionellen „Halloween“-Event, das bundesweit hohes Ansehen genießt und dieses Jahr sein 45-jähriges Jubiläum feiert, halten inzwischen auch zahlreiche Kulturveranstaltungen auf der Burg nahe Darmstadt Einzug. Infos zum Gesamtprogramm des Frankenstein Kulturfestivals (noch bis 13.8.) hält das Internet unter www.frankenstein-kulturfestival.de bereit.